Der Fall Bumerangeffekt

 

 

Dieser Mensch erlernte nach der Schulentlassung keinen Beruf. (Im Infoblock steht, dass der Betroffene Schlosser war. Wo und wann er den Beruf erlernt hatte, steht nicht im Text. Vielleicht hat sich da ein Fehler eingeschlichen.)Er arbeitete in verschiedenen Betrieben, hatte dann was angestellt und kam für kurze Zeit in einen Jugendwerkhof.

Danach verzog er nach(Örtlichkeit in der Akte geschwärzt, kann BRD, Westberlin oder sonstiges Ausland gewesen sein).

Anfang 1956 kehrte er in die DDR zurück. Am 15.09.1956 wurde er abermals straffällig und wurde nach(Ort in der Akte geschwärzt)in das Jugendheim überwiesen.

Nach seiner dortigen Entlassung wurde er nach Westdeutschland (damals wurde in der DDR die BRD noch als Westdeutschland bezeichnet) zurückgewiesen.

In Westdeutschland(also der BRD) hatte er keine feste Arbeitsstelle. Gescheiterte Existenzen, wie dieser Mensch hatten bereits damals zu den guten Zeiten in der BRD, als es genügend Arbeit gab, keine Chance. Das muss man beachten, dass sich der hier vorgestellte Mensch entschied wieder in die DDR zurückzukehren.

So versuchte dieser Mensch mehrere Male von Bebra über die Aufnahmestelle Wartha in die DDR zu gelangen. Von dort aus wurde er aufgrund seines Lebenswandels zurückgewiesen.

Asozialität, „schlechter Lebenswandel“-was immer man darunter verstehen mag-, waren bis zum Schluss Hauptgründe für die Abschiebung(Rückweisung)von Menschen die in die DDR übersiedeln wollten. Dass man diese oft verzweifelten Menschen, wozu das, zumindest in den späteren Jahren der DDR, Konzept der schwarzen Psychologie gehörte, direkt in die Arme der gegnerischen Geheimdienste trieb, beachtete man nicht. Dabei war doch klar ersichtlich, dass diese Entscheidungsfindungen einen Bumerangeffekt auslösten und nicht der Sicherheit der DDR dienten.

Bei der Übernachtung nach der letzten Abschiebung(Amtsdeutsch der DDR: Zurückweisung) im Jugendhilfswerk(Örtlichkeit in der Akte geschwärzt) wurde der Betroffene durch den Heimleiter mit einem Angestellten des BVSA(sicher ist hier BfV – Bundesamt für Verfassungsschutz gemeint, zur damaligen Zeit von der DDR als Bundesverfassungsschutzamt bezeichnet)bekannt gemacht. Mit dieser Person begab sich der Betroffene zur Passkontrollstelle am Bahnhof(welcher Bhf ist in der Akte geschwärzt), wo eine Aussprache stattfand. Anschließend erfolgte die Werbung für eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz.

Am gleichen Tag fuhr der Betroffene in die DDR, um zu(Name in der Akte geschwärzt) nach Karl-Marx-Stadt zu gelangen. Er erhielt eine Fahrkarte nach Westberlin, hatte aber den Auftrag die Fahrt in Halle zu unterbrechen, um illegal nach Karl-Marx-Stadt zu gelangen. In späteren DDR-Zeiten war das nicht möglich. Transitzüge nach Westberlin fuhren ohne Halt durch. Auch die Autobahn durfte von Transitreisenden nicht verlassen werden. In Karl-Marx-Stadt sollte er sich polizeilich melden und nach polizeilicher Anmeldung seine Aufträge durchführen.

Sein Auftrag war, namentlich Funktionäre(Politiker, Hauptamtliche) der verschiedenen Parteien und Organisationen zu nennen, die in bestimmten Aufträgen nach Westdeutschland(BRD) reisen. Außerdem sollte er feststellen, welche Orte sie aufsuchen und wie lange sie in Westdeutschland(BRD)verbleiben. Darüberhinaus sollte er Angaben über die Bereitschaftspolizei beschaffen.

Zur Verbindungsaufnahme war geplant, dass der Betroffene sofort nach seiner Ankunft in Karl-Marx-Stadt eine Ansichtskarte mit dem Absender Hans Klein, der sein Deckname war, an die Deckadresse Erich Wulff, Obersuhl, schreibt. Zum Frankieren sollte er eine Sondermarke benutzen. Eine zweite Ansichtskarte mit Sondermarke sollte der Betroffene dann schreiben, wenn fest steht, dass er in der DDR bleiben kann. Danach sollte er aus Erfurt eine Antwortkarte, die mit Hänschen unterschrieben ist, erhalten. Auf diese folgen noch 2 – 3 weitere Postkarten. Erst nach diesem Zeitpunkt soll er beginnen, Briefe an die Deckadresse Wulff zu schreiben. Hierzu sollte ASTRA-Briefpapier benutzt werden und er sollte wichtige Mitteilungen mit Urin zwischen die Zeilen schreiben. In der weiteren Zeit sollten auch Zusammenkünfte von Agenten in der DDR stattfinden.

Der Betroffene wurde durch die VP(Volkspolizei)bekannt, der durch(Name in der Akte geschwärzt)mitgeteilt wurde, dass er sich unangemeldet in Karl-Marx-Stadt aufhält. Daraufhin erfolgte die Zuführung(DDR-Amtsdeutsch: etwas ähnliches, wie vorläufige Festnahme, aber eine Stufe drunter)zur Volkspolizei. Bei der nach zehntägigem illegalen Aufenthalt in der DDR geführten Aussprache der VP(Volkspolizei) mit dem Betroffenen, verlangte dieser einen hohen Offizier des MfS zu sprechen, dem er eine Mitteilung machen will. Nach der ersten Aussprache mit dem Betroffenen erfolgte eine Vernehmung, in deren Ergebnis die Festnahme erfolgte.

Der Betroffene wurde zur Anklageerhebung an die Staatsanwaltschaft übergeben.

 

Anmerkung: Wäre der Betroffene nicht abgeschoben worden, sondern hätte seinen Übersiedlungsantrag bewilligt, wäre allenfalls Kleinkriminalität herausgekommen, falls er wieder straffällig geworden wäre. Der Schaden wäre geringer gewesen, als durch die Folge der Abschiebung(Rückweisung) der Betroffene als Agent tätig wurde.

Zum damaligen Zeitpunkt und auch später wäre es dem Ansehen der DDR dienlicher gewesen Gestrandete aufzunehmen und in die Gesellschaft zu integrieren wie sie es mit einheimischen Gestrandeten, in vorbildlicher Weise, tat.

Das sture Festhalten am Ansehen der Person bei der Entscheidungsfindung hat einen Bumerangeffekt ausgelöst. D.h. die aus diesen Gründen abgelehnten Übersiedlungswilligen wurden direkt in die Arme der gegnerischen Geheimdienste getrieben.

Dieses Dokument, nebst Fallsammlung sollte als Lehrmaterial für das MfS dienen. Warum in solchen Fällen, wie im hier beschriebenen Fall (Der Fall Bumerangeffekt) nicht gelernt wurde, bleibt eine offene Frage.