Todesopfer Cengaver Katranci

Cengaver Katranci
Bild entnommen aus „Chronik der Mauer“; Aufnahmedatum unbekannt (Foto: privat)

Cengaver Katrancı

geboren 1964
ertrunken am 30. Oktober 1972

in der Spree nahe der Oberbaumbrücke
an der Grenze zwischen Westberlin und Berlin/DDR

Karte entnommen aus „Chronik der Mauer“

Es ist schwer für die Hinterbliebenen des damals verunglückten Kindes (Cengaver Katranci), wenn das Thema immer wieder hochgekocht wird. Es wird immer nur auf die DDR geschimpft, doch es muss auch der Westberliner Senat in die Verantwortung genommen werden. Beide Seiten waren vernagelt und sind in ihrer Bürokratie erstickt. So musste ein Kind sterben, da niemand einen Fall einkalkuliert hat, dass Kinder oder auch Erwachsene ins Grenzgewässer fallen könnten. Es muss erwähnt werden, dass jeder Grenzzwischenfall brisant war, sei es in Berlin zu Westberlin oder an der Außengrenze der DDR zur BRD. Jede falsche Handlung hätte den III. Weltkrieg auslösen können. So unternahm man im Zweifelsfall lieber gar nichts. Das konnte fatale Folgen haben, wie man hier an dem Fall mit dem verunglückten Westberliner Kind sieht. Dem Westberliner Senat ist anzukreiden, dass er es unterlassen hatte auf eigenem Gebiet Schutzzäune aufzustellen, um solche Unglücke zu verhindern. Außerdem hätte mit der DDR verhandelt werden müssen, um eine schnelle und unbürokratische Lösung für Notfälle parat zu haben. Später ist dies nachgeholt worden. Nun ja, wenn im wahrsten Sinne des Sprichwortes „das Kind in den Brunnen gefallen ist“.

Einige Punkte meiner Meinung finden sich unabhängig davon, im Dokument der DDR wieder, das ich hier ausgewertet habe.

Petra Reichel

Text von Udo Baron entnommen von „Chronik der Mauer“

Der achtjährige türkische Schüler spielt mit einem Freund etwa 100 Meter vom Grenzübergang Oberbaumbrücke entfernt auf der Böschung der Spree am Kreuzberger Gröbenufer. Die Jungen gehen hinunter ans Ufer, sie stehen auf der schmalen Kaimauer und füttern Schwäne. Plötzlich verliert Cengaver Katrancı das Gleichgewicht und stürzt ins kalte Wasser.

Cengaver Katrancı, geboren 1964, lebt mit seiner aus der Türkei stammenden Mutter und drei Geschwistern im West-Berliner Bezirk Kreuzberg. [1]

Es ist der 30. Oktober 1972, kurz nach 13.00 Uhr. Der achtjährige türkische Schüler spielt mit einem Freund etwa 100 Meter vom Grenzübergang Oberbaumbrücke entfernt auf der Böschung der Spree am Kreuzberger Gröbenufer. Die Jungen gehen hinunter ans Ufer, sie stehen auf der schmalen Kaimauer und füttern Schwäne. Plötzlich verliert Cengaver Katrancı das Gleichgewicht und stürzt ins kalte Wasser. [2] Schreiend rennt sein Freund davon, um Hilfe zu holen; einem Angler in der Nähe versucht er begreiflich zu machen, was geschehen ist. Als der ihn verstanden hat, schickt er den Jungen zum nahen Zollstützpunkt und läuft selbst zur Unglücksstelle. Als er schon begonnen hat, sich zu entkleiden, wird ihm bewusst, dass die Spree hier in ganzer Breite zu Ost-Berlin gehört, und dass er riskiert, bei einem Rettungsversuch von den DDR-Grenzposten erschossen zu werden. Er springt dem ertrinkenden Kind nicht hinterher.
 
Inzwischen haben West-Berliner Zollbeamte Polizei und Feuerwehr alarmiert und sind am Spreeufer angelangt. Auf dem Fluss fährt ein Tankschiff, begleitet von einem DDR-Feuerlöschboot. Die Zöllner rufen und gestikulieren, um die Besatzung des Löschbootes zum Beidrehen und zur Rettung des Kindes zu bewegen. Das Feuerwehrboot stoppt nur kurz und setzt dann seinen Weg fort.

Gegen 13.30 Uhr trifft ein Funkwagen der West-Berliner Polizei ein. Die Besatzung verhandelt mit einem Offizier der Grenztruppen auf der Oberbaumbrücke über die Bergung des Ertrunkenen. Wenig später trifft die Feuerwehr am Gröbenufer ein, und zwei Taucher machen sich bereit. Sie stehen auf der Kaimauer und warten auf die Erlaubnis, in das Grenzgewässer zu springen. Vergeblich.

Ein Boot der Ost-Berliner Wasserschutzpolizei hält auf Höhe des Unfallortes in der Flussmitte. Um sich dem Westufer weiter zu nähern brauchen die Wasserschutzpolizisten eine Sondergenehmigung der Grenzwache. Vom westlichen Ufer her werden sie angerufen, herangewinkt, nähern sich auch zögernd ein Stück, drehen wieder ab und werden sofort von einem Schnellboot der Grenztruppen eingeholt. Sie haben sich in die für sie verbotene Sperrzone über die Flussmitte hinausbegeben.

Am Gröbenufer sammeln sich Menschen, einige hundert sind es nach Schätzung der Polizei. Sie werden Zeugen einer beschämenden Hilflosigkeit. Fast eineinhalb Stunden hat die West-Berliner Polizei inzwischen am Grenzübergang Oberbaumbrücke mit Angehörigen der Grenztruppen verhandelt. Bis zuletzt darf die West-Berliner Feuerwehr, die mit Tauchern und Hilfsgeräten zur Stelle ist, nicht eingreifen. [3]

 
Gegen 14.30 Uhr trifft ein Ost-Berliner Rettungsboot ein, die Suche beginnt. Nach einer halben Stunde hebt sich ein Taucher mit dem toten Kind in unmittelbarer Ufernähe aus dem Wasser. Die Trage steht bereit, der tote Junge könnte übergeben werden, doch der Taucher schwimmt nicht die zwei Meter zum West-Berliner Ufer, sondern zurück zum Boot der Grenztruppen. Was den Schaulustigen am Gröbenufer schwer vorstellbar gewesen sein dürfte: Jede Bewegung des Tauchers mit dem Jungen zum Westufer hin hätte von den Grenzern als Fluchtversuch gewertet werden können. 
 
Am Abend erhält die Mutter von Cengaver Katrancı mit zwei Verwandten die Erlaubnis, nach Ost-Berlin einzureisen. Dort muss sie ihren Sohn im Gerichtsmedizinischen Institut der Charité identifizieren. Die Leiche wird nach West-Berlin überführt und soll auf den Wunsch der Mutter hin in Ankara bestattet werden.[4]

 
Der Tod des Achtjährigen führt zur Ankündigung des Berliner Senats, mit der DDR ein Abkommen über Hilfeleistungen bei ähnlichen Unglücksfällen in Grenzgewässern zu treffen.[5]

Erst 1975, nach zahllosen Verhandlungsrunden und nachdem drei weitere Kinder in der Spree ertrunken sind, wird eine entsprechende Regelung gefunden.
 
Fußnoten:

[1]Die West-Berliner Polizei gab den Namen des ertrunkenen Kindes zunächst irrtümlich mit „Cengiz Koc“ an, dem Nachnamen des Onkels. Die Korrektur erfolgte zuerst in der Berliner Morgenpost und wurde dann polizeilich bestätigt. Vgl. Berliner Morgenpost, 2.11.1972, sowie: Vermerk der West-Berliner Polizei, 2.11.1972 (Landesarchiv Berlin).

[2]Vgl. Berliner Morgenpost, 31.10.1972; BZ, 31.10.1972.

[3]Vgl. Die Welt , 31.10.1972.

4]Vgl. Berliner Morgenpost, 2.11.1972. – Zum Tod von Cengaver Katranci siehe auch die einfühlsame Recherche von Christoph Cadenbach, Annabel Dillig und Christian Schramm, die mit seinem Bruder gesprochen haben (»Untergegangen«, in: Süddeutsche Zeitung Magazin, 20.9.2019, S. 16–23).

[5]Vgl. Plenarprotokolle des Abgeordnetenhauses von Berlin, 6. Wahlperiode, 37. Sitzung vom 9.11.1972, S. 1294-1295.

 
 
 
 
 

Dokument auch als PDF-Datei vorhanden.

Dokument entnommen aus „Chronik der Mauer“, ausgewertet von Petra Reichel

Auswertung DDR-Dokument Unglücksfall Cengaver Katranci

von Petra Reichel

Am 30.10.1972 gegen 13:30 Uhr wurde den Grenzsicherungskräften der DDR Durch Zuruf von Angehörigen des Westberliner Zolls bekannt, dass vom Westberliner Ufer ein Kind in die Spree gefallen ist. Das Grenzgewässer gehörte in der ganzen Breite zu Berlin DDR.

Von DDR-Seite aus wurden daraufhin alle erforderlichen Maßnahmen zur Bergung des Kindes getroffen.

Die Aufnahme der Suche durch Taucher der Deutschen Volkspolizei erfolgte erst etwa eine Stunde später, um 14:20 Uhr. Erst dann ersuchte ein Offizier der Westberliner Polizei über Megafon um Bestätigung des Einsatzes von eigenen Kräften zur Suche und Bergung. Eine Bestätigung dazu erfolgte nicht. Na ja, dann waren die Westberliner auch nicht früher dran, aber der DDR-Seite wird der späte Beginn der Suche angekreidet. Wenn die Westberliner Polizei früher ersucht hätte ihre eigenen Kräfte zur Suche und Bergung des Kindes einzusetzen und dies dann von DDR-Seite verweigert worden wäre, wäre das „ein anderes Ding“.

Bis zum Beginn der unmittelbaren Bergungshandlungen von DDR-Seite hatten sich am Spreeufer auf Westberliner Gebiet ca. 20 uniformierte Kräfte der Westberliner Polizei, der Feuerwehr und des Zolls mit je einem Funkstreifenwagen, Feuerlöschzug und Krankenwagen eingefunden. Circa 300 bis 400 Zivilpersonen (Schaulustige) hatten sich angesammelt.

Im Ergebnis des Einsatzes wurde um 15:05 Uhr ca. 100 m unterhalb der Oberbaumbrücke durch Taucher der Feuerwehr des PdVP Berlin/DDR ein Kind männlichen Geschlechts, ca. 6 bis 8 Jahre alt, aufgefunden und geborgen. Die Bergungshandlungen wurden von Westberliner Gebiet aus durch mehrere Zivilpersonen (Schaulustige) gefilmt und fotografiert. Man muss bedenken, dass fotografieren und filmen damals aufwändig war und man nicht wusste, ob die Bilder, bzw. die Filme was werden, da diese erst in einem Labor entwickelt werden mussten. Hätte es die Technik von heute gegeben (Handys), wäre noch mehr gefilmt und fotografiert worden.

Das Kind wurde nach der Bergung umgehend ins Krankenhaus überführt, wo durch den diensthabenden Arzt der Tod festgestellt wurde.

Am 30.10.1972, gegen 21:15 Uhr, meldete sich die in Westberlin wohnhafte türkische Staatsbürgerin (Name geschwärzt) in Begleitung von zwei weiteren mit ihr verwandten türkischen Staatsbürgern bei der Deutschen Volkspolizei. Die Kindesleiche wurde von ihnen als der Sohn der (Name geschwärzt) 

KATINANA, Cengaver

Geb. 1964

wohnhaft: Berlin(West) 61

(Straße geschwärzt)

Staatsangehörigkeit: Türkei

identifiziert.

Angaben der (Name geschwärzt), zufolge hatte das Kind in Begleitung eines weiteren 12jährigen Kindes vom Spreeufer aus Schwände gefüttert und war dabei in die Spree gefallen.

Die Kindesmutter bedankte sich für die erwiesene Unterstützung durch die Organe der DDR und bat um Überführung der Leiche nach Westberlin.

In Beantwortung eines Fernschreibens (Die Jüngeren werden ein Fernschreiben nicht mehr kennen. Durch das nachfolgende FAX und dann durch das Internet hat diese Technik ausgedient.) des Präsidiums der Deutschen Volkspolizei Berlin/DDR an den Senator für Inneres in Westberlin, worin er über die Bergung einer unbekannten Kindesleiche aus der Spree informiert wurde, teilte dieser am 31.10.1972, 13:10 Uhr, die Bestätigung des Sachverhaltes sowie die Personalien der Kindesleiche mit und erbat die Freigabe der Leiche.

Am 0.3.11.1972, um 10:00 Uhr, wurde die Kindesleiche durch das Staatliche Bestattungswesen der Hauptstadt der DDR an das Westberliner Bestattungsinstitut (Name geschwärzt) übergeben und von diesem nach Westberlin übergeführt.

Im Ergebnis der Untersuchung von DDR-Seite dieses Vorkommnisses ist festzustellen, dass der tragische Unglücksfall u.a. dadurch begünstigt wurde, dass sich an der zum Westberliner Territorium gehörenden Ufermauer keine ausreichenden Schutzeinrichtungen (Schutzzaun, Maueraufbau u.ä.) befinden (befanden) sowie seitens der Westberliner Polizei keine Maßnahmen gegen fahrlässiges und leichtsinniges Verhalten von Personen an der Ufermauer unternommen werden (wurden).

Während der Bergungshandlungen war z.B. zu beobachten, dass durch den Andrang und die Bewegung Hunderter von Zivilpersonen (Schaulustige) am Westberliner Gröbenufer unmittelbare Gefahr für weitere Unglücksfälle entstand. Durch die anwesenden Westberliner Polizei- und Zollkräfte wurden keinerlei Sicherheitsvorkehrungen zur Abwendung weiterer Vorfälle getroffen.

In diesem Zusammenhang ist weiter festzustellen, dass in dem betreffenden Grenzabschnitt seit längerer Zeit provokatorische Handlungen gegen die Staatsgrenze und die Sicherungskräfte der DDR von Westberliner Territorium aus unternommen werden (wurden).

Sie erfolgten im Zeitraum von Januar bis Oktober 1972 vom Westberliner Gröbenufer aus 13 gegen die Staatsgrenze und die Grenzsicherungskräfte der DDR gerichtete Handlungen, davon

  • 3 Fälle des Beschießens der Grenzsicherungskräfte aus einer Pistole bzw. mittels KK-Waffen (25.03.1972, 18:30 Uhr, durch eine männliche Person, ca. 30 Jahre alt, mittels Pistole; 07.08.1972, 22:50 Uhr, durch unbekannte Personen aus KK-Waffe; 24.081972, 18:30 Uhr, durch eine männliche Person mittels KK-Gewehr);
  • 6 Fälle provokatorischer Grenzverletzungen durch Betreten der Eisdecke der zugefrorenen Spree bzw. durch Schwimmen während der Sommermonate;
  • 3 Fälle des Beschimpfens der eingesetzten Grenzsicherungskräfte der NVA;
  • 1 Fall des Bewerfens eines Grenzsicherungsbootes mit Steinen (26.10.1972, 18:30 Uhr, durch 8 Jugendliche).

Darüber hinaus hat (hatte) sich bereits seit Jahren gewohnheitsmäßig der Zustand entwickelt, dass vom Westberliner Gröbenufer aus täglich mehrere Personen in der Spree (und damit auf dem Territorium der DDR) angeln, ohne dass seitens der zuständigen Westberliner Stellen Maßnahmen zur Unterbindung derartiger Praktiken eingeleitet werden (wurden). Hier muss man die Frage stellen, ob von der zuständigen Westberliner Behörde Angelscheine ausgestellt wurden oder illegales angeln geduldet wurde. Auf jeden Fall unterließen es die zuständigen Westberliner Behörden Maßnahmen zur Unterbindung derartiger Praktiken einzuleiten.

Es wurde von DDR-Seite eingeschätzt, dass es nur der Umsicht und Besonnenheit der eingesetzten Grenzsicherungskräfte zu verdanken ist, dass weitere Auswirkungen der provokatorischen Handlungen verhindert werden konnten.

Es wurde empfohlen, die angeführten begünstigenden Bedingungen für derartige Vorkommnisse und Grenzzwischenfälle in geeigneter Form an die Westberliner Seite heranzutragen mit dem Ziel, dass ihrerseits die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit im Abschnitt Gröbenufer getroffen werden.

Dokument entnommen aus „Chronik der Mauer“, ausgewertet von Petra Reichel

Text des DDR-Dokumentes

Cengaver Katrancı: MfS-Information über die Bergung der Leiche

13. November 1972

über 

die Bergung einer Kindesleiche aus der Spree im Grenzabschnitt Oberbaumbrücke der Hauptstadt am 30. 10. 1972 und das Ergebnis der Untersuchung dieses Vorkommnisses 

Am 30. 10. 1972, gegen 13.30 Uhr, wurde den im Grenzabschnitt Oberbaumbrücke – Gröbenufer eingesetzten Grenzsicherungskräften der NVA durch Zuruf von Angehörigen des Westberliner Zolls bekannt, daß vom Westberliner Ufer ein Kind in die in der ganzen Breite zum Territorium der DDR gehörende Spree gefallen sei. 

Es wurden daraufhin unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zur Bergung des Kindes getroffen. 

Bis zum Beginn der unmittelbaren Bergungshandlungen hatten sich am Spreeufer auf Westberliner Gebiet ca. 20 uniformierte Kräfte der Westberliner Polizei, der Feuerwehr und des Zolls mit je einem Funkstreifenwagen, Feuerlöschzug und Sankra eingefunden sowie ca. 300 bis 400 Zivilpersonen angesammelt.

Gegen 14.20 Uhr, unmittelbar vor der Aufnahme der Suche durch Taucher der Deutschen Volkspolizei, ersuchte ein Offizier der Westberliner Polizei über Megaphon um Bestätigung des Einsatzes von eigenen Kräften zur Suche und Bergung. Eine Bestätigung dazu erfolgte nicht. 

Im Ergebnis des Einsatzes wurde um 15.05 Uhr ca. 100 m unterhalb der Oberbaumbrücke durch Taucher der Feuerwehr des PdVP Berlin ein Kind männlichen Geschlechts, ca. 6 bis 8 Jahre alt, aufgefunden und geborgen. Die Bergungshandlungen wurden von Westberliner Gebiet durch mehrere Zivilpersonen gefilmt und fotografiert. 

Das Kind wurde umgehend ins Krankenhaus überführt, wo durch den diensthabenden Arzt der Tod festgestellt wurde.

Am 30. 10. 1972, gegen 21.15 Uhr, meldete, sich die in Westberlin wohnhafte türkische Staatsbürgerin (…) in Begleitung von zwei weiteren mit ihr verwandten türkischen Staatsbürgern bei der Deutschen Volkspolizei. Die Kindesleiche wurde von ihnen als der Sohn der (…)

KATINANA, Cengaver
geb. 1964
wohnhaft: Berlin (West) 61, 
(…)
Staatsangehörigk: Türkei,

identifiziert. 

Angaben der (…) zufolge hatte das Kind in Begleitung eines weiteren 12jährigen Kindes vom Spreeufer aus Schwäne gefüttert und war dabei in die Spree gefallen. 

Die Kindesmutter bedankte sich für die erwiesene Unterstützung durch die Organe der DDR und bat um Oberführung der Leiche nach Westberlin. 

In Beantwortung eines Fernschreibens des Präsidiums der Deutschen Volkspolizei Berlin, an den Senator für Inneres in Westberlin, worin er über die Bergung einer unbekannten Kindesleiche aus der Spree informiert wurde, teilte dieser am 31. 10. 1972, 13.10 Uhr, die Bestätigung des Sachverhaltes sowie der Personalien der Kindesleiche mit und erbat die Freigabe der Leiche. 

Am 3. 11. 1972, um 10.00 Uhr, wurde die Kindesleiche durch das Staatliche Bestattungswesen der Hauptstadt an das Westberliner Bestattungsinstitut G(…) übergeben und von diesem nach Westberlin übergeführt. Im Ergebnis der Untersuchung dieses Vorkommnisses ist festzustellen, daß der tragische Unglücksfall u. a. dadurch begünstigt wurde, daß

sich an der zum Westberliner Territorium gehörenden Ufermauer keine ausreichenden Schutzeinrichtungen (Schutzzaun, Maueraufbau o. ä.) befinden

sowie

seitens der Westberliner Polizei keine Maßnahmen gegen fahrlässiges und leichtsinniges Verhalten von Personen an der Ufermauer unternommen werden.

Während der Bergungshandlungen war z. B. zu beobachten, daß durch den Andrang und die Bewegung Hunderter Zivilpersonen am Westberliner Gröbenufer unmittelbare Gefahr für weitere Unglücksfälle entstand. Durch die anwesenden Westberliner Polizei- und Zollkräfte wurden keinerlei Sicherheitsvorkehrungen zur Abwendung weiterer Vorfälle getroffen.

In diesem Zusammenhang ist weiter festzustellen, daß in dem betreffenden Grenzabschnitt seit längerer Zeit provokatorische Handlungen gegen die Staatsgrenze und die Sicherungskräfte der DDR von Westberliner Territorium aus unternommen werden.

 

 

So erfolgten im Zeitraum von Januar bis Oktober 1972 vom Westberliner Gröbenufer aus 13 gegen die Staatsgrenze und die Grenzsicherungskräfte der DDR gerichtete Handlungen, davon

3 Fälle des Beschießens der Grenzsicherungskräfte aus einer Pistole bzw. mittels KK-Waffen (25.3.72, 18.30 Uhr, durch eine männliche Person, ca. 30 Jahre alt, mittels Pistole; 7.8.72, 22.50 Uhr, durch unerkannte Personen aus KK-Waffe; 24.8.72, 18.30 Uhr, durch eine männliche Person mittels KK-Gewehr); 

6 Fälle provokatorischer Grenzverletzungen durch Betreten der Eisdecke der zugefrorenen Spree bzw. durch Schwimmen während der Sommermonate; 

3 Fälle des Beschimpfens der eingesetzten Grenzsicherungskräfte der NVA; 

1 Fall des Bewerfens eines Grenzsicherungsbootes mit Steinen (26.10.72, 18.30 Uhr, durch 8 Jugendliche).

Darüber hinaus hat sich bereits seit Jahren gewohnheitsmäßig der Zustand entwickelt, daß vom Westberliner Gröbenufer aus täglich mehrere Personen in der Spree (und damit auf dem Territorium der DDR) angeln, ohne daß seitens der zuständigen Westberliner Stellen Maßnahmen zur Unterbindung derartiger Praktiken eingeleitet werden.

Es kann eingeschätzt werden, daß nur der Umsicht und Besonnenheit der eingesetzten Grenzsicherungskräfte zu verdanken ist, daß weitere Auswirkungen der provokatorischen Handlungen verhindert werden konnten.

Es wird empfohlen, die angeführten begünstigenden Bedingungen für derartige Vorkommnisse und Grenzzwischenfälle in geeigneter Form an die Westberliner Seite heranzutragen mit dem Ziel, daß ihrerseits die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit im Abschnitt Gröbenufer getroffen werden.

 

 
Quelle: BStU, MfS, ZA1G Nr. 2081, Bl. 1-4
 

Entnommen aus „Chronik der Mauer“

 
 
Beitrag zusammengestellt von Petra Reichel

Werner Weinhold

Werner Weinhold erschoss am 19. Dezember 1975 bei seiner Flucht aus der DDR an der Grenze zur BRD in der Nähe von Hildburghausen die beiden Grenzsoldaten Jürgen Lange und Klaus Peter Seidel.

Weinhold war zuvor u.a. wegen Autodiebstahls in 54 Fällen vorbestraft. Noch während seiner Bewährungszeit beging er ein Sittlichkeitsdelikt.

Während seines Wehrdienstes ist er fahnenflüchtig geworden und hatte aus der NVA-Kaserne in Spremberg Waffen, Munition und ein Fahrzeug entwendet.

Die Grenzsoldaten Seidel und Lange wurden von dem Überfall Weinholds überrascht. Ihre Waffen blieben gesichert. Erkenntnisse besagen, dass die beiden Grenzsoldaten übermüdet und eingeschlafen waren.

Steckbrief in der DDR
Bildquelle: https://www.akg-images.co.uk/CS.aspx?VP3=SearchResult&ITEMID=2UMDHUSFDYKM&LANGSWI=1&LANG=German

In seiner ersten Vernehmung in der BRD gab Weinhold zu geschossen zu haben.

Sein Fall erregte im Jahre 1975 öffentliches Aufsehen. In der BRD wurde er vom Landgericht Essen wegen Totschlags angeklagt zunächst freigesprochen. Das sorgte auch in der Bevölkerung der BRD für Empörung. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der Bundesgerichtshof das Urteil wieder auf und verwies das Verfahren an das Landgericht Hagen.  Die DDR bestand zunächst auf einem Auslieferungsverfahren. Da eine Auslieferung seitens der BRD nicht zu erwarten war, führte die DDR ein Beweissicherungsverfahren vor dem Bezirksgericht Dresden durch. Das Landgericht Hagen verurteilte Werner Weinhold am 1. Dezember 1978 wegen Torschlags in zwei Fällen und wegen bewaffneten Kraftfahrzeugdiebstahls zu fünfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass keine Notwehr vorlag, jedoch eine Strafmilderung wegen verminderter Schuldfähigkeit zu berücksichtigen sei. Erstaunlich wie bundesdeutsche Gerichte immer wieder Wege finden, um nach Ideologie und Gesinnung zu urteilen. Am 7. Juli 1982 wurde Werner Weinhold vorzeitig nach dreieinhalb Jahren Haft entlassen.

Es gibt Spekulationen, dass das MfS die Ermordung Weinholds geplant hätte. In diesem Zusammenhang wurde 1993 Anklage gegen den hochrangigen Vertreter des MfS, Gerhard Neiber, erhoben. Die Anklage wurde jedoch vom Landgericht Berlin nicht zugelassen.

Am 8. Januar 2005 schoss Werner Weinhold in seiner Marler Stammkneipe auf einen Bekannten und verletzte ihn schwer. Daraufhin wurde er vom Landgericht Essen wegen gefährlicher Körperverletzung zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Zeitzeuge Karl-Heinz Schulze zum Fall Weinhold:

Karl-Heinz Schulze

Um hier mal etwas Spekulation zu widersprechen. Ich war zum selbigen Zeitpunkt/Nacht als Zugführer einer Grenzkompanie mit wenigstens 6 Doppelposten nördlich von Salzwedel in einem Kompanieabschnitt im Grenzdienst. Weinhold irrte schon einige Tage lang als Fahnenflüchtiger der NVA durch die DDR. Die Grenztruppen wussten über Teile seiner Fluchtrichtungen, seine Bewaffnung und Gefährlichkeit Bescheid und wurden dementsprechend informiert auf ihren Dienst vorbereitet. 

Wie in den Dienstvorschriften festgelegt waren die MPi der Grenzsoldaten unterladen, das heißt es befand sich keine Patrone abfeuerbereit im Lauf der Waffe. 

Nach der Mordtat wurden alle Angehörigen der Diensteinheiten welche den unmittelbaren Grenzdienst durchführten offen und unmittelbar über den Mord informiert. Auch darüber, dass sie entsprechend der Obduktion schlafend und direkt regelrecht sitzend an einem Baumstumpf niedergemäht wurden. 

Vermutet wurde schon in der Information, das einer geschnarcht hätte und der Mörder sie deshalb angetroffen und aus sehr kurzer Distanz geschossen habe. Zur richtigen Einordnung warum die Posten sicherlich nur für wenige Sekunden eingeschlafen waren gehört auch, dass der menschliche Körper in der Zeit von 2:00 Uhr bis 4:00 Uhr in einen Zustand absoluter Müdigkeit verfällt. 

Ich persönlich sorgte in meiner Führungstätigkeit dafür dass sich die Posten auch bewegen mussten um nicht einzuschlafen. Wer nie an der Staatsgrenze Posten gestanden hatte kann das sicherlich sehr schwer einschätzen und nachvollziehen. Jeder Grenzsoldat war heilfroh gesund und lebensfroh wieder zu seiner Familie zurück kehren zu können. 

Grenzdienst war Friedensdienst und Wehrdienst laut Gesetz und kein Soldat hatte persönlichen Einfluss darauf, ob er diesen an der Staatsgrenze zu versehen hat. Ich selber hatte die ersten Jahre meiner Dienstzeit noch sehr viel Posten selbst gestanden und kenne auch die Ängste gerade bei solchen Situationen. und erinnere gleichzeitig an den Fall Gartenschläger. 

Ehre aller unseren ermordeten Grenzsoldaten die immer wieder vergessen werden sollen. Ehre den Soldaten des Friedens !

Karl-Eduard von Schnitzler zum Tod von Reinhold Huhn (1962)

Anmerkungen dazu von Petra Reichel

  • Karl-Eduard von Schnitzler zeigt verschiedene Varianten der Falschmeldungen zum Tod von Reinhold Huhn seitens der Westmedien.

 

  • Seinerzeit war Egon Bahr beim RIAS, doch schon bereits damals ein enger Vertrauter von Willy Brandt und Pressechef des Westberliner Senats. Karl-Eduard von Schnitzler spielt die Meldung ab und macht erklärt, dass auch diese eine Falschmeldung ist.  

 

  • Bereits vor der Tat an der Grenze standen Übertragungswagen der Westsender bereit. Man muss bedenken, dass das seinerzeit mit großem Aufwand verbunden war. Also wusste man, was bald an der Grenze passieren würde.

 

  • Die französische Nachrichtenagentur AFP brachte die echte Meldung, die Karl-Eduard von Schnitzler vorliest. Also haben andere westliche Länder richtig berichtet, doch in der BRD hielt an der Version des Egon Bahr fest.

 

  • Karl-Eduard von Schnitzler erklärt den Tathergang und Tatort. Denn das wurde in den Westmedien auch falsch dargestellt.  

 

  • Es wird ein Ausschnitt aus einer Rede von Willy Brandt gezeigt, als er noch Regierender Bürgermeister von Westberlin war. Brandt sprach in Rätseln und sagte er könne nicht alles aussprechen. Heute im Nachgang wissen wir, dass er bereits damals plante, was er später als Bundeskanzler auf den Weg brachte und letztendlich 1989 zum Erfolg führte.

 

  • Am Ende zieht Karl-Eduard von Schnitzler eine Bilanz bezüglich der politischen Situation im Jahre 1962.

 

  • Letztendlich konnten Brandt und Bahr die Verantwortlichen in der DDR und anderer sozialistischer Länder täuschen. Sie gaben sich gewandelt „vom Saulus zum Paulus“ und verbreiteten Hoffnung auf Frieden. Mit der sozialdemokratischen „Entspannungspolitik“ begann die Aufweichung der DDR und der andren sozialistischen Länder von innen her.  Das mündete in der Konterrevolution von 1989/90.

 

  • In der heutigen Zeit wird immernoch behauptet, dass Reinhold Huhn versehentlich vom eigenen Kameraden erschossen wurde. Dafür gibt es heutzutage den Begriff aus dem Englischen „Frindly Fire“. Selbst in wissenschaftlichen Sendungen, z.B. über Gerichtsmedizin und Kriminalistik wird dieser Fall so überzeugend dargestellt, dass selbst die letzten Skeptiker die Falschdarstellung glauben. Das passt dazu, dass die Sieger die Geschichte schreiben. Solange noch Zeitzeugen leben, muss stets durch diese  die Richtigstellung erfolgen.

Vorkommnisse an der Staatsgrenze der DDR zur BRD

Bericht des Zeitzeugen Karl-Heinz Schulze

Karl-Heinz Schulze

Ich selber hatte an der Staatsgrenze der BRD zur DDR erlebt wie Schulklassen mit Bussen zur Besichtigung des „eisernen Vorhangs“ angereist wurden und wie schon Kinder und heranwachsende Jugendliche uns Scheißhausparolen ihrer Organisatoren entgegenriefen.

Voll der Nazipsychologie erst noch sanft und weich, wie „Deutsche schießt nicht auf Deutsche!“. Von uns hatte keiner die Absicht auf diese Leute zu schießen. Man warf sogar Zigarettenschachteln in Richtung Grenzzaun und rief uns zu: „ Kommt doch rüber! 

Da die Grenzsoldaten sich an die Dienstvorschriften hielten, weder vorneweg geschossen oder anders böswillig reagiert hatten wurde sich etwas eingefallen gelassen.

Dann waren wir Russenschweine, undeutsche Verbrecher Halunken und was es da für Nettigkeiten alles gab.

Es gab jedoch nicht nur die Schulklassen. Es gab auch regelrechte Familienausflüge mit Picknickkorb, Käffchen und Kuchen wo wir eingeladen wurden. „Wir wollen doch mit euch als Deutsche unter Deutsche reden.“

Das alles waren noch relativ harmlose Begegnungen.

Die Härte waren organisierte Großaufmärsche der faschistischen Wikingjugend an der Grenze wo es noch nicht wieder weiter gen Ost gehen konnte wie nach 1992. Ja uns den Grenzsoldaten war die DDR anvertraut worden, um diese zu beschützen.

Jedoch für den Realitätsverlust und den tieferem Verrat an die edlen Ziele des Sozialismus waren unsere alten Herren und 2 Frauen verantwortlich, ohne dabei die Augen vor den neuen Realitäten verschließen zu wollen welche sich 1989 bis 1990 herausgebildet hatten. Hier muss ich beenden ohne den Genossen Stalin zitieren zu wollen.

 Ergänzung und Korrektur von Karl-Heinz Schulze

Es waren nicht die Vorkommnisse an der Staatsgrenze der DDR zur BRD, sondern Vorkommnisse der BRD an der Staatsgrenze zur DDR welche bis Heute immer noch falsch als innerdeutsche Grenze bezeichnet wird. Bitte verdrehe hier meinen Originaltext nicht. Den Grenzsoldaten war es unter Androhung von Disziplinarstrafen verboten Bürger der BRD und deren Organe zu provozieren. Weiterhin weise ich darauf hin dass in Wikipedia einige Angaben zum Ab- oder Umbau der SM 70 Sperranlagen nicht der zeitlichen Wahrheit entsprechen. Schon Ende der 1970ger Jahre wurde mit dem Beräumen der Erdminenfelder durch Sprengung begonnen (Elbehochwasser und Aland und Jeetze) Auch hier muss auf geschichtliche Genauigkeit geachtet werden. Dazu kamen eine entsprechende Dislozierung der Streitkräfte der SU und der NVA entsprechend der uns bekannten Angriffspläne der USNATO in der angegebenen NATO-Hauptkampfrichtung in der norddeutschen Tiefebene nach Berlin um die DDR Regierung in ihrer Handlungsfähigkeit auszuschließen. Bekanntlich gab es im NATO Hauptquartier in Brüssel mehr als eine Kompanie von Aufklärern über die Nato Kriegsziele. Übrigens saßen im Kabinett von Helmut Kohl auch genügend TratschTanten und Wichtigtuer. Dies zu erkennen war auch eine wichtige Aufgabe bis Heute.

Die SM-70 – ein trauriges Kapitel der DDR-Geschichte

Ein trauriges Kapitel der Geschichte der DDR sind die Selbstschussanlagen an der Grenze. (SM 70)

Nachbau einer SM-70, sichtbar die Anordnung der Spanndrähte.
Bildquelle: ChrisO – Eigenes Werk CC BY-SA 3.0 File:Sm-70 schlagsdorf.jpg Erstellt: 30. August 2009

Ursprünglich hatte ein Nazi dieses schreckliche Ding ersonnen. Das war Erich Lutter, ein SS-Führer, der das Referat II D 4 (Waffenwesen) im Reichssicherheitshauptamt leitete. Er entwickelte im Auftrag von Reinhard Heydrich ein Konzept für Selbstschussanlagen an der Umzäunung von Konzentrationslagern. Dadurch sollten Häftlinge mit geringem Personalaufwand an einer Flucht gehindert werden. Lutters Entwürfe wurden nie verwirklicht. 

siehe Wikipedia

Dem Westberliner Journalisten Georg Bensch zufolge fielen seine Pläne nach dem Zweiten Weltkrieg der sowjetischen Siegermacht in die Hände. Diese seien, wieder laut Bensch den DDR-Verantwortlichen überlassen worden. In der DDR seien diese Pläne für die Entwicklung eigener Selbstschussanlagen genutzt worden.

Den Auftrag zur Entwicklung und Produktion der anfangs als Schützensplittermine (SSM) bezeichneten Selbstschussanlage gab das DDR-Verteidigungsministerium zu Jahresbeginn 1965 an den VEB Chemiewerk Kapen. Dieser Standort war bereits ab 1936 als Munitionsfabrik genutzt worden. Die Entwickler konnten jedoch die Vorgaben des Ministeriums nicht einhalten. Im August 1968 kam es zum ersten Kontakt mit dem militärtechnischen Institut VUSTE der Tschechoslowakei. Am 23. Februar 1967 schlossen die Tschechoslowakei und die DDR einen Vertrag über die Entwicklung und Erprobung einer Selbstschussanlage sowie die Lieferung von 100 Prototypen an die DDR. Sie zahlte der Tschechoslowakei dafür 700.000 Mark (der DDR). Gefertigt wurden die nach dem Jahr der geplanten Indienststellung nun SM-70 genannten Selbstschussanlagen ab 1969 im VEB Chemiewerk Kapen. Die elektrischen Komponenten für die Gesamtanlage kamen vom VEB Elektroapparatebau Bannewitz. (Verschwendung von Steuergeldern und wirtschaftlichem Potential.)

Die Installation der Anlagen kostete je Kilometer etwa 100.000 Mark (DDR). Klaus-Dieter Baumgarten, der Chef der Grenztruppen der DDR, bezifferte die Kosten der Installation (ohne Wartung) 1982 mit 376.600 Mark(der DDR) für fünf Kilometer. Dazu kamen die hohen Betriebskosten. (Verschwendung von Steuergeldern.) 

Vom 1. Dezember 1974 bis zum 30. Mai 1982 waren 52.794 Splitterminen detoniert, vor allem durch Wildtiere. Nur 0,3 % der Detonationen wurden durch Grenzverletzungen ausgelöst. (Aber das ist trotzdem zuviel.)

Ursprünglich wollte die DDR die Aufstellung dieser schrecklichen Apparate nicht bekanntgeben. Als im Jahre 1976 von Michael Gartenschläger zwei SM-70 demontiert und gestohlen wurden, ließ sich die Existenz dieser schrecklichen Dinger nicht mehr verheimlichen.

Gartenschläger bot diese schrecklichen Apparate dem BND und Medien an.  Vom Magazin DER SPIEGEL erhielt er dafür und seiner Lebensgeschichte ein Honorar von 12000 DM. Ein weiterer Verkauf erfolgte an die „Arbeitsgemeinschaft 13. August“. Weiteres siehe WordPress-Beitrag „Michael Gartenschläger“. 

Ende der 1970er Jahre stellte eine Arbeitsgruppe des Zentralkomitees der SED fest, dass die SM-70 erhebliche Mängel hätte. Moniert wurden die hohe Quote der Fehlauslösungen, die hohen Kosten und der unzureichende Diebstahlschutz. Die SM-70 sollte vorerst beibehalten, aber nicht mehr weiterentwickelt werden, bis 1986 eine geplante neue Grenzsperranlage eingeführt würde.

Am Point Alpha ausgestellte Selbstschussanlage SM-70 (Splittermine Modell 1970).
Bildquelle: Zornfalke – Eigenes Werk CC BY 3.0 File:Spring-gun Selbstschussanlage.JPG Erstellt: 1. Januar 2006

Am 10. Oktober 1980 beschlossen die Vereinten Nationen das Protokoll II über Landminen, Sprengfallen und andere Vorrichtungen. Der Artikel 3 dieses Protokolls besagt: „Es ist unter allen Umständen verboten, die Waffen, auf die dieser Artikel Anwendung findet, entweder offensiv oder defensiv oder als Repressalie gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen zu richten.“ Die DDR unterschrieb dieses Protokoll im April 1981, mit dem Wissen, dass dieses am 2. Dezember 1983 in Kraft treten würde. (Da wurde es Zeit zu handeln.)

Nach der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa im Jahre 1975 verfolgte Honecker die Profilierung der DDR zum Friedensstaat und positionierte sich kritisch gegenüber Atomwaffen. Diese Haltung erforderte es auch, internationale Abrüstungsabkommen mitzutragen.

Auf jeden Fall erwartete die DDR-Führung eine internationale Diskussion über das Protokoll II, was sie zu einer grundsätzlichen Überprüfung des Mineneinsatzes an der Grenze zwang. Erich Honecker erwähnte den vorgesehenen Abbau der Selbstschussanlagen bereits am 13. September 1982 in einem vertraulichen Gespräch mit dem bekannten BRD-Politiker Hans-Jürgen Wischnewski (SPD).

Am 1. Oktober 1982 lag eine Konzeption des Chefs der Grenztruppen, Klaus-Dieter Baumgarten, über die zukünftigen Grenzsicherungen vor. Bezüglich der mit Splitterminen gesicherten Grenzzäune wurde neben den hohen Kosten und vielen Fehlauslösungen auch das Risiko für die Grenztruppen erwähnt. Bei Wartungsarbeiten kam bis 1982 ein Grenzsoldat zu Tode, zwei weitere wurden schwer und sieben leicht verletzt. Baumgarten bewertete die Minen an der Grenze als „sowohl aus politischer Sicht, als auch vom konstruktiven und optischen Aufbau her, als unzweckmäßig“.

Am 1. Juli 1983 beschloss der Nationale Verteidigungsrat, eine moderne Grenzsicherungsanlage ohne Minen zu entwickeln. Trotzdem sollten die Erdminensperren, wenn auch modernisiert, bleiben. Die SM-70 sollte zwar abgebaut werden, in besonderen Abschnitten aber weiter im Landesinneren, d. h. unter Ausschluss der Öffentlichkeit der BRD, wieder aufgebaut werden. 

Im Oktober 1983 überraschte die Ankündigung der politischen Entscheidung, die Minen vollständig abzubauen. Sehr sinnig. Wieso eine Überraschung? Das Protokoll der Vereinten Nationen, welches die DDR unterschrieben hatte, sollte im Dezember 1983 in Kraft treten. Na, dann aber „dalli dalli“, es musste gehandelt werden.

Die DDR erwähnte den völkerrechtlichen Kontext der Entscheidung nicht. Stattdessen verkündete der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß dieses als Zugeständnis bei der Aushandlung eines Milliardenkredits für die DDR. Strauß stand wegen dieses Kredits politisch unter Druck. Jedoch hat Strauß den Abbau der Minen nicht gefordert. Dieser wurde ihm von der DDR angeboten.

Am 30. November 1984 demontierten Grenztruppen der DDR die letzten Splitterminen an der Staatsgrenze der DDR zur BRD.


Entnommen aus Wikipedia bearbeitet von Petra Reichel

Historisches Filmdokument „35 Jahre Grenztruppen der DDR“(1981)

Dieser Film ist ein wichtiges historisches Dokument. Nachfolgend einige Gedanken zu den Inhalten aus heutiger Sicht.

Zusammengestellt von Petra Reichel

Was da auf die Revanchisten gelabert haben, war seit dem Kniefall von Willy Brandt am 07.12.1970 am Ehrenmal der Helden des Ghettos in Warschau nicht mehr Regierungspolitik der BRD. Diese Symbolik war das Signal zur Änderung der Regierungspolitik gegenüber Osteuropa. Die Revanchistenverbände laberten bis zum Ende des Sozialismus in Osteuropa und dem Ende der DDR noch solche Parolen, wie „Deutschland ist größer als die Bundesrepublik.“ Nun ja, die DDR haben sie ja bekommen, doch die Grenzen der anderen osteuropäischen Länder sind geblieben. Die Mitglieder dieser Verbände haben mehrheitlich ein hohes Altere erreicht. Zwischenzeitlich sind diese Verbände bedeutungslos geworden.

Allerdings war das, was die Revanchistenverbände seinerzeit losgelassen hatten kein dummes Gequatsche, sondern  höchstgefährlich. Auch nachdem ihre Ziele nicht mehr Regierungspolitik waren.  

Die damaligen NATO-Aufmarschpläne orientierten sich an den reaktionären Plänen der Revanchisten. 

Die heutige Bundespolizei hat auch ihre Geschichte aufzuarbeiten. Da sie zu den Siegern der Geschichte gehört, unterlässt sie das. Gut, dass in diesem Film an ihre damaligen Aufgaben als Bundesgrenzschutz erinnert wird.

Heinz Hoffmann, seinerzeit Verteidigungsminister der DDR,  musste die Konterrevolution nicht erleben. Er wird in dem Film gezeigt, wo er den Soldaten einen Vortrag hält.

Der alte Genosse und Vorgesetzte erklärt die Geschichte der Grenze. Wie hat er 1989 erlebt? Lebt er heute noch?

Ahh, schon 1981 sieht man Zerstörungen an den Grenzanlagen. Na ja, 1981 hatte es nicht geklappt, führte aber 1989 zum Erfolg.

Bei dem Abschnitt, wo die Grenztruppen der DDR auf See gezeigt werden, sieht man brenzlige Situationen. Davon will ja die offizielle Geschichtsschreibung der Sieger nichts wissen.

Klaus-Dieter Baumgarten, damals Chef der Grenztruppen der DDR, erklärt die Geschichte der Grenze in Zusammenarbeit mir sowjetischen Genossen. Nach dem Sieg der Konterrevolution wurde Klaus-Dieter Baumgarten vor Gericht gestellt und in den Knast gesteckt.

Was mag aus dem damals jungen Soldaten geworden sein, der von seiner Sache überzeugt und politisch engagiert war? Was er im Film überzeugend erklärt, ist auch für die heutige Nachwelt interessant.

Die  Zusammenarbeit mit den Vertretern der Grenzorte wird erklärt und die Arbeit der freiwilligen Helfer der Grenztruppen wird gezeigt.

In den 1980er Jahren standen viele Angehörige der Grenztruppen der DDR nicht mehr hinter ihrem Auftrag, wenn man  liest und hört, was sie heute von sich geben.

 

 

 

GRH zum Prozess von Petra Reichel

Als einzigste Organisation hat sich die GRH mit dem Prozess von Petra Reichel befasst und in ihren Informationen veröffentlicht.

GRH-Info-Grenzertreffen-Seite-1

 

Aus der Rede von Hans Bauer:

 

aus der Rede von Hans Bauer Prozess in KH

 



 

GRH Info..Seite 2

 

GRH Info ..Seite 3GRH Info ..Seite 4GRH Info..Seite 5GRH Info ..Seite 6

 

Nochmal als PDF-Datei:

GRH und Prozess in KH wg. Äußerungen zur DDR-Staatsgrenze

 

Bericht über westliche Reaktionen nach Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls 1961

Dieses Dokument zeigt die Reaktionen aus dem Westen nach der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls im Jahre 1961.

 

Besser lesbar als PDF-Datei:

Bericht über westliche Reaktionen nach Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls

 

Dokument entnommen aus der Mediathek der BStULogo FB-Seite BStU

Zusammenfassung des Inhalts

Interessant und traurig ist die Rolle des DGB der BRD.  Seine Aufgabe ist die Klasseninteressen der Arbeiterklasse zu vertreten. Stattdessen hat er darauf hingewirkt, dass die Arbeiterklasse ihre Klasseninteressen verrät, mit den Kapitalisten paktiert und Delegationen nach Westberlin schickt. Einerseits sollte eine  „Unterstützung der Westberliner Arbeiter“ präsentiert werden und andererseits versprach man sich nach der Rückkehr dieser Delegationen aus Westberlin auch eine Beeinflussung der Arbeiterklasse. Klassenbewusstsein sollte aus den Köpfen verschwinden. Das ist hervorragend gelungen. Heutzutage spielt die Arbeiterklasse politisch keine Rolle mehr.

Allerdings ist zu erwähnen, dass Teile der DGBGewerkschaften sehr wohl die Klasseninteressen der Arbeiterinnen und Arbeiter vertreten und  örtliche Funktionäre, seinen es hauptamtliche oder ehrenamtliche, rennen sich „den Herzbendel ab“, um den Menschen zu helfen. Diese Leute haben nichts mit obengenannten zu tun. Im Zweifelsfall wollen aber auch sie nichts  von der DDR wissen. Das gilt auch für die heutige Zeit, wo die DDR seit Jahrzehnten nicht mehr existiert.


 

Aus SPD-Kreisen wurde bekannt, dass es Pläne gab, unmittelbar an der Grenze auf Westberliner Seite Freilichtveranstaltungen durchzuführen. Insbesondere sollten Filme gezeigt werden, von denen man sich eine Beeinflussung der Bevölkerung der Hauptstadt der DDR(damals noch als demokratisches Berlin bezeichnet) und der Grenzposten versprach, z. B. sogenannte Reißer(damalige Bezeichnung, heute sagt man Thriller oder Block Buster) zur Ablenkung der Grenzposten.

Dann ist eine Flugblattaktion einer  Agentenorganisation der USA vermerkt worden. Die Presseagentur UPI aus den USA hatte die redaktionelle Spitze ihres Büros in Westberlin verdreifacht und u.a. zwei USA-Spitzenredakteure aus New York nach Westberlin geholt. Von den Angehörigen des Büros wurde dieser Schritt damit begründet, dann man jederzeit mit einem bewaffneten Zwischenfall rechne.

Der Westberliner Zoll notierte die Autonummern aller von Westberlin in das demokratische Berlin(Berlin/DDR) fahrenden Kraftfahrzeuge, ohne bei ihrer Rückkehr diese Notizen zu löschen.

Seit dem 29.08.1961 wurde besonders an den Übergängen Invalidenstraße, Sonnenallee und Chausseestraße von den westlichen Kontrollorganen verstärkt dazu übergegangen, alle Westberliner Bürger(und Bürgerinnen), besonders aber Ärzte und Spezialisten, die mit dem PKW ins demokratische Berlin(Berlin/DDR) fahren wollten, zu warnen und zurückzuhalten. U.a. wurde erklärt, dass sie aus dem demokratischen Berlin(Berlin/DDR) nicht wieder zurückgelassen würden. So wurden(Krankenhaus Weißensee), der (Name geschwärzt) im Städt. Krankenhaus Berlin-Kaulsdorf, (wieder eine Schwärzung), Facharzt(wieder eine Schwärzung) in Berlin-Lichtenberg u.a. zurückgewiesen. Z.B. waren auch im Krankenhaus Friedrichshain eine Anzahl Ärzte, darunter(geschwärzt), nicht zum Dienst erschienen.

In der gleichen Absicht erhielten im demokratischen Berlin(Berlin/DDR)beschäftigte Westberliner Ärzte in der Nacht vom 28. zum 29. 8.1961 Anrufe mit der Aufforderung, das demokratische Berlin(Berlin/DDR)nicht mehr zu betreten, weil sie von DDR-Seite aus nicht wieder zurückgelassen würden, u.a. weil im demokratischen Berlin(Berlin/DDR) im Gesundheitswesen der Notstand ausgerufen worden wäre.

Die Versuche in provokatorischer Form die Angehörigen der Sicherheitsorgane zu beeinflussen und Grenzsicherungsanlagen zu zerstören, hielten auch weiterhin an, aber ohne zuzunehmen.

Dann werden im Dokument Provokationen an der Grenze beschrieben.

Des Weiteren wird das Befahren des demokratischen Berlin(Berlin/DDR) und auch des Gebietes der DDR durch Militärfahrzeuge der Westalliierten vermerkt.

Dann werden Provokationen durch Militärangehörige der Westalliierten beschrieben.

Das SPD-Ostbüro hatte eine Hetz-Flugblattaktion gestartet. Es handelte sich um die Hetzschrift „Macht das Tor Auf“ und um den „Sozialdemokrat“. Exemplare dieser Hetzschriften wurden in den Bezirken Dresden, Halle, Karl-Marx-Stadt und Leipzig sichergestellt.

Es erfolgt dann eine Einschätzung der taktischen Handlungen der westlichen Besatzungsmächte.

Gegnerische Provokationen und Vorkommnisse im demokratischen Berlin(Berlin/DDR)traten nur vereinzelt auf.

In Berlin wurden in 3 Fällen Wahlplakate von unbekannten Tätern beschädigt. Heute ist das normal, damals war das eine staatsfeindliche  Handlung gegen die DDR.

In 3 Fällen erhielten SEDMitglieder anonyme Telefonanrufe provokatorischen und hetzerischen Inhalts.

Eine in Berlin-Pankow wohnende ehemalige Medizinstudentin an der „FU“ Westberlin, wurde von einer unbekannten männlichen Person in ihrer Wohnung aufgesucht und zum Verlassen des demokratischen Berlins(Berlin/DDR)aufgefordert.

Im Grenzabschnitt Gleimstraße und Eberswalder Straße fiel nach 0:00 Uhr die Grenzbeleuchtung aus. (Ursache konnte zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ermittelt werden.)

Dann werden einige Grenzdurchbrüche und Desertionen aufgeführt.

Über negative Beeinflussung bewaffneter Kräfte und Unzufriedenheit in ihren Reihen wird berichtet.

Zuletzt wird über eine Morddrohung gegen Walter Ulbricht berichtet. Der anonyme Drohbrief aus Marburg(BRD)ging am 28.08.1961 bei der SED-Kreisleitung Hildburghausen/Suhl ein. Dieser hatte folgenden Inhalt:

„Euer Sklavenhalter Ulbricht wird die Rede zum 12. Jahrestag der Republik am 7.10.61 nicht mehr halten. Haltet Euch nach dem Attentat an Willi Stoph.“

 

Zusammenfassung erstellt von Petra Reichel

 

Der 13. August 1961 – Der Tag, an dem…

Gastbeitrag von Gerd Pehl

 

In diesem Jahr jährt sich der Tag, an dem die DDR ihren Grenzverlauf für jeden sichtbar machte, zum 57. Mal. Einige sagen noch heute, es war der Tag des Mauerbaus, was völliger Unsinn ist. Am 13. August 1961 hat niemand an der Staatsgrenze der DDR eine Mauer errichtet. Tatsache ist vielmehr, dass ein Drahtzaun gezogen wurde und an ehemaligen Grenzübergängen nach Berlin West die Bereitschaftspolizei – eine Einheit der Volkspolizei – weiterhin und mit Unterstützung der Kampfgruppen der Arbeiterklasse, das waren Arbeiter und Angestellte aus volkseigene Betriebe und Kombinate, die sich 1957 freiwillig zu militärischer Ausbildung zusammengeschlossen und nun bei der Sicherung der Staatsgrenze mitgeholfen hatten die Staatsgrenze zu sichern und die Kampfkraft der Arbeiterklasse der DDR zu dokumentierten. Die Mauer, die von westlichen Journalisten und Politikern auf den 13. August verschoben wurde und immer noch wird, entstand bekanntlich zwei Monate später. Soviel zum “Tag des Mauerbaus“.

Um die Ursachen für das Sichtbarmachen des DDR-Grenzverlaufs, zu der sich die Staatsführung der DDR, gestützt auf die Mehrheit der Bevölkerung, entschlossen hatte, richtig zu verstehen, ist es notwendig, dieses Ereignis im historischen Kontext zu betrachten.

 

Das Ende des 1. Weltkriegs und das Erstarken und Ende des deutschen Faschismus

Am 25. Oktober (julianische Zeitrechnung bis 1922 in Russland und Sowjetrussland; 7. November, gregorianische Zeitrechnung) 1917 fand innerhalb des 1. Weltkrieges in Russland die Große Sozialistische Oktoberrevolution statt, die den Frieden für Russland und die Welt bringen sollte. Aber die englischen, französischen und amerikanischen Imperialisten wollten nichts von Friedenverhandlungen wissen und ließen den räuberischen deutschen Imperialisten, die dann Russland den annexionistischen Gewaltfrieden von Brest-Litowsk aufzwangen, freie Hand.

Am 25. Oktober (julianische Zeitrechnung bis 1922 in Russland und Sowjetrussland; 7. November, gregorianische Zeitrechnung) 1917 fand innerhalb des 1. Weltkrieges in Russland die Große Sozialistische Oktoberrevolution statt, die den Frieden für Russland und die Welt bringen sollte. Aber die englischen, französischen und amerikanischen Imperialisten wollten nichts von Friedenverhandlungen wissen und ließen den räuberischen deutschen Imperialisten, die dann Russland den annexionistischen Gewaltfrieden von Brest-Litowsk aufzwangen, freie Hand.

Die Oktoberrevolution bewegte die Imperialisten der westlichen Länder sehr stark, das Deutsche Reich endlich in die Knie zu zwingen, um den Krieg zu beenden. Nach dem Waffenstillstandsabkommen von Compiegne 1918 endete dieser Weltkrieg 1919 mit dem Versailler Friedensvertrag, mit dem das Deutsche Reich zu Abrüstung, Gebietsabtretungen und Reparationszahlungen verpflichtet wurde. Dieser Friedensvertrag war für die deutsche Bevölkerung ein Knebelvertrag. Ziel des von den Siegermächten dem Deutschen Reich oktroyierten Friedensvertrags von Versailles war, das Deutsche Reich nie wieder zu einer bedeutenden Macht in Europa emporkommen zu lassen.

Gleichzeitig hatten sie die Grundlage geschaffen, sich gegen das neu entstandene Sowjetrussland zu stellen, um es in den Schoß des Imperialismus zurückzuholen, in dem sie in den russischen Bürgerkrieg intervenierten auf Seiten der Weißgardisten. Der äußere Feind der jungen Sowjetmacht waren die englischen, französischen, amerikanischen, japanischen und deutschen Imperialisten und ihr innerer Feind waren die Kapitalisten, Gutsbesitzer und Kulaken, die Sowjetrussland mit ebenso wütendem Hass verfolgten und mit Unterstützung der Interventen verzweifelt versuchten, die alten Verhältnisse wiederherzustellen. Helfershelfer der bürgerlich-gutsherrlichen Konterrevolution waren die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre. Die Rote Armee aber führte von März 1918 bis Oktober 1922 – mehr als 4 Jahre – mit großer Unterstützung der internationalen Arbeiterklasse einen erfolgreichen Kampf gegen ihre inneren und äußeren Feinde. Die Niederlage, die das imperialistische Joch hinnehmen musste, ließ den Hass der Imperialisten gegen das Sowjetrussland und gegen die im Dezember 1922 gegründete Sowjetunion niemals enden.

Dass das Deutsche Reich in den 20-iger Jahren trotz des Versailler Friedensvertrags Wege zur Wiederaufrüstung beschritt, ohne dass die Signatarstaaten sie bemerkten, war erstaunlich, zumal die Aufrüstung nicht nur durch die deutsche Industrie, sondern auch mit Hilfe der Industrie anderer Länder erfolgte. Mit dem Sieg der Faschisten 1933 sahen sich die Signatarstaaten vor vollendeter Tatsache gestellt. Sie duldeten und förderten so teilweise den faschistischen Aufschwung des Deutschen Reichs, ihnen voran die USA. Erinnert sei in dem Zusammenhang an den Einmarsch ins Rheinland 1936, den Anschluss Österreichs 1938, die Abtrennung des deutschsprachigen Sudetenlandes von Tschechoslowakei (Münchener Abkommen 1938), Einmarsch in die Tschechoslowakei und Abtrennung der Slowakei 1939.

Mit dem Ausbruch des 2. Weltkriegs 1939 begannen die deutschen Faschisten ihren Traum, den Hitler in seinem Buch “Mein Kampf“ in den Jahren 1925/26 bereits dargelegt hatte, zu verwirklichen – die Ausrottung der Juden, der Kommunisten, Bolschewisten, die Dezimierung der Slaven und Raum schaffen für ein Großdeutschland im Osten. Der Hass der internationalen Imperialisten auf die Sowjetunion wurde darin deutlich, obwohl die Sowjetunion bereits seit Oktober 1934 Mitglied des Völkerbunds war, den das Deutsche Reich im September 1933 verlassen hatte.

Mit dem Eintritt der USA in den 2. Weltkrieg in Europa durch ihren Einsatz mit Großbritannien an der Westflanke der Wehrmacht im Juni 1944 wurde das Ende des deutschen Faschismus offensichtlich. Die Eröffnung der zweiten Front gegen die faschistische Wehrmacht diente nicht wie heute erklärt und in Geschichtsbüchern geschrieben wird als Hilfe der Roten Armee, sondern es war der Wille beider Alliierten, noch vor dem Einmarsch der Roten Armee in Berlin zu sein, um die Sowjetunion nicht als gleichrangigen Partner betrachten zu müssen. Das erkannte die Rote Armee und ließ sich den Sieg über den deutschen Faschismus von ihnen nicht streitig machen.

Der Hass gegen die Sowjetunion von 1922 wurde von den Imperialisten auf die nächste Generation übertragen und blieb somit erhalten. Ihnen war klar, dass die Befreiung der osteuropäischen Länder vom faschistischen Joch die Arbeiterklasse dieser Länder gestärkt hervorbringen und somit auch dort der Imperialismus sein Ende finden würde. Als dies Realität wurde, verstärkte sich der Hass besonders bei den US-Imperialisten gegen die Sowjetunion und den sozialistischen Ländern.

 

Die Entwicklung Westeuropas und Deutschlands nach Zerschlagung des Faschismus

Churchill, Roosevelt und Stalin schrieben in ihrer gemeinsamen Erklärung über die Arbeit der Krim-Konferenz (auch genannt: Konferenz von Jalta) im Februar 1945: „Zu unseren Zielen gehört nicht die Vernichtung des deutschen Volkes. Erst wenn der Nazismus und Militarismus ausgerottet sein werden, besteht für das deutsche Volk die Hoffnung auf eine würdige Existenz und einen Platz in der Gemeinschaft der Nationen.“ Diese Worte des britischen Premierministers und des US-Präsidenten hatte die Politiker Großbritanniens ebenso schnell vergessen wie die der US-Administration oder sie wussten, dass weder Churchill noch Roosevelt diese Worte ernst gemeint hatten. Jedoch Stalin hatte diesen Worten große Bedeutung beigemessen und verwirklicht in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ).

Hauptsächlich auf Betreiben Großbritanniens kam der mit Frankreich geschlossene Bündnis- und Bestandsvertrag von Dünkirchen im Januar 1947 zustande, der durch den Brüsseler Vertrag März 1948 – von Belgien, Frankreich, Großbritannien Luxemburg und den Niederlande unterzeichnet – den Vertrag von Dünkirchen erweiterte. Damit war in Europa erstmals eine gemeinsame ständige Militärorganisation – die Westunion – in Friedenszeiten geschaffen worden, was ein Abwenden von der Antihitlerkoalition verdeutlichte und richtete sich gegen die Sowjetunion und den sozialistischen Staaten. Die USA und Kanada nahmen an den Beratungen der Westunion als Beobachter teil und trugen dazu bei, dass im April 1949 die NATO in Washington gegründet wurde.

In dem Zusammenhang ist nicht unbeachtet zu lassen die im März 1948 angekündigte und Juni 1948 durchgeführte Währungsunion in der Trizone – USA, Frankreichs und Großbritannien –, mit der die Reichsmark und die Rentenmark durch die Deutsch Mark (DM), die in den USA gedruckt und geheim nach Bremerhaven und von dort weiter in die Länder transportiert worden war, im Wert 10 zu 1 abgelöst wurde, ohne die sowjetische Besatzungszone darin einzubeziehen.

Ende Juni 1948 wurde durch die Währungsreform in der SBZ und in gesamt Berlin die Mark eingeführt. Dabei ist zu beachten, dass das gesamte Territorium Berlin unstreitig zwischen den Alliierten auf dem Territorium der SBZ sich befand. Die westlichen Alliierten führten trotz ihrer Erklärung gegenüber dem Chef der SBZ im Juni 1948, dass die Westmark nicht in den Westteil Berlins eingeführt wird, dennoch einige Tage später in den Westteil Berlins die DM ein.

Damit war die Spaltung Deutschlands von den Westalliierten vollzogen worden, was deutsche Politiker bis heute bestreiten. Im Mai 1949 erfolgte die Gründung der Bundesrepublik, womit die Teilung Deutschlands vertieft wurde und die Gründung der DDR, die im Oktober 1949 erfolgte, erforderlich wurde. Die Politiker der DDR nichts unversucht gelassen, Deutschland zu vereinen und einen gerechten Friedensvertrag für Deutschland mit dem Ziel, einen schnellen Abzug aller Besatzungstruppen aus Deutschland zu bekommen. Jedoch waren die Adenauer-Regierung und ihre westlichen Besatzer dazu nicht bereit. Ihr Ziel war es, die DDR politisch und wirtschaftlich zu schädigen. Dazu waren ihnen alle Mittel recht. 

 

Wie der Westen die DDR systematisch schädigte

Die offene Staatsgrenze in Berlin trug nicht unwesentlich dazu bei, dass sich die Bevölkerung von Berlin West mit Nahrungsmitteln aus Ostberlin versorgten und Dienstleistungen wie z. B. Friseur, Wäschereien in Anspruch nahmen, indem sie ihre D-Mark in Westberliner Wechselstuben in Mark der DDR tauschten. Hinzu kam, dass westliche Unternehmen gerne Arbeitskräfte aus der DDR beschäftigten. Sie waren billigere Arbeitskräfte als die in der BRD und Berlin West, weil den sogenannten Ostlern der Lohn 40 % in DM und 60 % in Mark der DDR ausgezahlt wurde. Zweifelsfrei war das ein Anreiz für einige DDR-Bürger, obwohl sie dann nur die Lebensmittelkarte G (Grundkarte) anstatt B (Angestellten-Karte) oder A (Karte für Schwerarbeiter und höhere Angestellte) bekamen, was bis Mai 1958 zutraf. Die Abschaffung der Lebensmittelkarten war mit einer Preisveränderung durch Senkung der Preise, die in den Verkaufsstellen der staatlichen Handelsorganisation (HO), in denen nur Lebensmittel ohne Lebensmittelkarten und somit zu höheren Preisen verkauft wurden und durch Anhebung der Preise, die in Verkaufsstellen der Konsumgenossenschaft und privater Einzelhändler für Lebensmittel auf Lebensmittelkarten verkauft wurden. Für die Bürger der BRD und Berlin West war das kein Problem, da die Wechselstuben in der BRD und Berlin West rund 5 Mark der DDR für 1 DM verkauften.

Zu dem kam auch hinzu, dass viele gut ausgebildet Facharbeiter, Fach- und Hochschulabsolventen sowie Absolventen der Universitäten die DDR verließen, weil sie glaubten in der BRD ein besseres Leben führen zu können. Allein im Jahr 1960 hatten rund 200 000 Bürger die DDR verlassen. Für einige von ihnen traf zu, dass sie in der BRD besser lebten, besonders für diejenigen, die von Häschern der BRD gezielt abgeworben wurden. Das alles war für die DDR nicht nur ein jährlicher wirtschaftliche, sondern auch ein politischer Schaden, der durch die offene Grenze zur BRD und Berlin West gezielt von der BRD verursacht wurde. Auch die wirtschaftlichen Beziehungen im Rat der Gegenseitigen Wirtschaftshilfe (RGW) waren von dieser BRD-Politik betroffen, was eigentlich die Verwirklichung der Politik des transatlantischen Bündnisses – USA und BRD – und nicht zuletzt auch der NATO war.

Das waren die Gründe, die die Staatsführung der DDR dazu bewegten, dem Westen zu zeigen, wo die Grenze zwischen der DDR und der BRD verläuft, sichtbar zu machen. Es war auch eine Forderung der Mehrheit der Bevölkerung an der Staatsführung der DDR seit einiger Zeit. Das wurde auch darin deutlich, dass es weder am 13. August noch an darauffolgenden Tagen zu Auseinandersetzungen, Krawallen oder ähnlichem in der DDR kam. Die westlichen Medien konnten nicht wie am 17. Juni 1953 über Krawalle berichten, sondern sich nur darauf konzentrieren, dass sich Panzer der Alliierten an der Staatsgrenze in Berlin gegenüberstanden und es die westlichen Alliierten nicht wagten einen Schuss in Richtung des Demokratischen Sektors von Berlin abzugeben.