Jutta Müller

Jutta Müller, geboren am 13. Dezember 1928 als Jutta Lötzsch in Chemnitz, gestorben am 02. November 2023 in Bernau bei Berlin war Eiskunstläuferin. Später wurde die als erfolgreiche Trainerin von erfolgreichen Eiskunstläuferinnen und Eiskunstläufer aus der DDR bekannt. Die von ihr Trainierten gewannen insgesamt drei olympische Goldmedaillen, zehn Welt-, 18 Europa- und 42 DDR-Meistertitel.

Jutta Müller (2009)
Jutta Müller (2009) Bildquelle: Von Nicola, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=14760397

Jutta Müller wuchs in Chemnitz auf. Ihre Eltern sind Marie Lötzsch (geb. Prußky) und der Lokführer Emil Lötzsch, welcher im Jahr 1930 im Ringen sächsischer Meister wurde. Ab 1946 war sie Mitglied in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

Aus ihrer ersten Ehe mit Wolfgang Seyfert hat sie eine Tochter, Gabriele Seyfert. In zweiter Ehe war sie von Dezember 1955 bis zu seinem Tod im Jahr 2016 mit Bringfried Müller verheiratet, einem ehemaligen DDR-Fußballnationalspieler.

Im Sommer 2022 zog Jutta Müller aus ihrer Heimatstadt Chemnitz nach Bernau bei Berlin, wo sie in einem Pflegeheim lebte. Dort starb sie am 2. November 2023 im Alter von 94 Jahren.[1]

 

ADN-ZB Deutsche Demokratische Republik-28.4.1982 Jutta Müller feierte 25jähriges Trainer-Jubiläum. Ihr 25jähriges Trainer-Jubiläum im Eiskunstlaufsport feierte Mitte April 1982 Jutta Müller (M.) aus Karl-Marx-Stadt. Von ihr betreute Sportler eroberten seit 1966 insgesamt 40 Medaillen bei Olympischen Winterspielen sowie Welt- und Europameisterschaften. Das Foto zeigt sie mit vier ihrer erfolgreichsten Schützlinge, die ihr in der Karl-Marx-Städter Eissporthalle gratulierten und sich herzlich bedankten: Olympiasiegerin und Weltmeisterin Anett Pötzsch (r.), Weltmeister Jan Hoffmann, ihre Tochter, Weltmeisterin Gaby Messerschmidt-Seyfert (2.v.r.) und Katarina Witt. Vize-Weltmeisterin und Europameisterschafts-Zweite 1982 (l.). Reporter: Oberst Copyright: ADN-Zentralbild Berlin-DDR
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1982-0428-307 / CC BY-SA 3.0 DE, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5341734

Jutta Müller arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als Lehrerin für Deutsch, Musik, Sport und Mathematik, bis sie in ihrer aktiven Zeit als Sportlerin von der Eiskunstläuferin Charlotte Giebelmann betreut und trainiert wurde. 1949 bekam sie den Titel „DDR-Meisterin im Paarlauf“ mit Irene Salzmann (infolge des Krieges gab es zunächst keine männlichen Partner). Im Einzellauf musste sie sich bei den DDR-Meisterschaften meist Inge Wischnewski geschlagen geben. Unter dem Namen Jutta Seyfert erreichte sie im Jahr 1953 den dritten Platz; im selben Jahr wurde sie DDR-Vizemeisterin im Rollkunstlauf.

Ab 1954 studierte Jutta Müller an der DHfK Leipzig. 1955 begann ihre Karriere als Eiskunstlauftrainerin beim SC Wismut Karl-Marx-Stadt. In den folgenden Jahrzehnten wurde sie eine der erfolgreichsten Trainerinnen der Welt. Sie führte zuerst ihre Tochter Gabriele Seyfert 1969 und 1970 zu zwei Weltmeistertiteln. Danach trainierte sie Günter Zöller, Jan HoffmannSonja MorgensternMarion WeberAnett PötzschConstanze GenselKatarina WittSimone LangEvelyn Großmann und Ronny Winkler.

ADN-ZB Thieme 25.12.1984 Karl-Marx-Stadt: Eisballerina Katarina Witt.- Zu den Schützlingen der weltbekannten Eiskunstlauf-Trainerin Jutta Müller (SC Karl-Marx-Stadt- r.) gehört auch die 19-jährige Oberschülerin Katarina Witt (2.v.l.). Die „DDR-Sportlerin des Jahres 1984“ erkämpfte in der vergangenen Saison Gold bei den Olympischen Spielen und bei der Welt- und Europameisterschaft. In der Eishalle des Berliner Sportforums holte sie sich am 22.12.1984 den fünften DDR-Meistertitel in Folge. Im Foto gehören zur Trainingsgruppe noch Simone Lang (l.) und Constanze Gensel (3.v.l.). Siehe auch Motive 1984-1225-8N, 9N, 11N und 12N.
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1984-1225-010 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5344643

Anlässlich ihres 90. Geburtstages 2018 entstand vom MDR Fernsehen das Fernsehportrait „Die Eiskönigin aus Chemnitz – Ein Abend für Jutta Müller“, durch das die Schauspielerin Petra Kelling führte.[2][3][4]

In der DDR erhielt Jutta Müller zahlreiche Auszeichnungen. So wurde sie 1980 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold[5] und 1988 mit dem Karl-Marx-Orden[6] ausgezeichnet. 1984 erhielt sie den Ehrentitel Held der Arbeit.[7]

Für ihre Verdienste um den Eiskunstlauf wurde sie 2004 in die Eiskunstlauf Hall of Fame aufgenommen.[8]

Am 12. Dezember 2008, dem Vortag ihres 80. Geburtstags, wurde Jutta Müller das Ehrenbürgerrecht der Stadt Chemnitz verliehen.[9]

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Uwe Holmer ist gestorben

Uwe Holmer, geboren am 06. Februar 1929 in Wismar, gestorben am 25. September 2023 Serrahn war ein deutscher Theologe, Pastor und Autor. Bekannt wurde er 1989/90, als er während der Konterrevolution Margot Honecker und Erich Honecker bei sich aufnahm.

Uwe Holmer (2000)
Bildquelle: Von Paul Peplow – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21853293

Uwe Holmer war nach dem Theologiestudium zwischen 1948 und 1954 bis 1967 Landpfarrer in Leussow im mecklenburgischen Kreis Ludwigslust. Anschließend war er bis 1983 Direktor der „Bibelschule Falkenberg“ in Falkenberg/Mark.[1] 1983 wurde er Leiter der Hoffnungstaler Anstalten Lobetal, die sich vor allem um die Patienten des Lobetaler Fachkrankenhauses für Neurologie, Psychiatrie und Epileptologie kümmerten, sowie Bürgermeister der Gemeinde Lobetal.[2] Während seiner Amtszeit dort erhielt er die Verdienstmedaille der DDR.[3]

Vom 30. Januar bis zum 3. April 1990 gewährte er Margot Honecker und Erich Honecker Asyl in seinem Haus. Rechtsanwalt Wolfgang Vogel hatte bei der Leitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg um eine Bleibe für den am 18. Oktober abgesetzten Partei- und Staatschef gebeten. Man habe damals befürchtet, dass wütende DDR-Bürger das Leben der Honeckers bedrohten. Das Haus des Pfarrers wurde von Einwohnern und Journalisten umlagert. Der Pfarrer und seine Frau, die nach eigenen Angaben „aus Nächstenliebe“ gehandelt hatten, waren Anfeindungen ausgesetzt.[4][5] Dieses Ereignis wurde 2022 unter dem Titel „Honecker und der Pastor“ verfilmt.[6]

Nach der Annexion der DDR durch die BRD gehörte er zum Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz und war stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Evangelistenkonferenz.[7]

Im Ruhestand ging Holmer nach Mecklenburg zurück und arbeitete in der Rehaklinik für Suchtkranke in Serrahn. Uwe Holmer hatte aus seiner Ehe mit seiner 1995 verstorbenen Frau Sigrid 10 Kinder,[8] fünf weitere Kinder brachte seine zweite Frau aus der Ehe mit ihrem früh verstorbenen ersten Mann in die Familie ein.[9]

Uwe Holmer starb am 25. September 2023 im Alter von 94 Jahren.[10]

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Virtuelles Industriedenkmal

Robotron

Der VEB Kombinat Robotron war der größte Computerhersteller der DDR und einer der bedeutenden Produzenten von Informationstechnologie im RGW. Als Volkseigener Betrieb und Kombinat unterstand er dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik. Die Marke „Robotron“ ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den Wortteilen Robotik und Elektronik. (Wikipedia). Alles weitere siehe Wikipedia.

Klaus Feldmann

Klaus Feldmann, geboren am 24. März 1936 in Langenberg, Landkreis Gera, gestorben am 15. Mai 2023, war Nachrichtensprecher in der DDR.

Klaus Feldmann
Bildquelle: Von Klaus Feldmann – Klaus Feldmann, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4819204

Klaus Feldmann absolvierte 1951 bis 1954 in Leipzig eine Ausbildung als Buchdrucker und wechselte dann zum Journalismus. Nach dem Besuch der Rundfunkschule Weimar 1954/55 arbeitete er als Redaktionsassistent. 1957/58 leistete Feldmann seinen Wehrdienst bei der NVA ab. 1958 trat er in die SED ein. Von 1957 bis 1961 war er Nachrichtensprecher beim Deutschlandsender der DDR (Später umbenannt in „Stimme der DDR“).[2] 1961 wechselte er zur „Aktuellen Kamera“(Nachrichtensendung) des Deutschen Fernsehfunks (später umbenannt in „Fernsehen der DDR“). Er war außerdem Vorsitzender der Betriebsgewerkschaftsleitung der „Aktuellen Kamera“ und Mitglied des FDGB-Bundesvorstandes. Bis September 1989 arbeitete Feldmann als Nachrichtensprecher, erkrankte dann an Angina Pectoris und verließ Ende 1989 das Fernsehen der DDR.

ADN-ZB Kasper 27.3.88 Gera: Fernsehlieblinge 1987. Im Haus der Kultur wurden in einer vom Fernsehen original übertragenen Gala die Fernsehlieblinge 1987 gekürt. In der Gunst des Publikums am höchsten standen: Helga Piur, Klaus Feldmann, Petra Kusch-Lück, Hans-Joachim Wolfram, Helga Hahnemann, Heinz Florian Oertel, Erika Krause und Ellen Tiedtke (v.l.n.r.)
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1988-0327-001 / Kasper, Jan Peter / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5424284

Ab Januar 1990 war er Pressemitarbeiter bei der Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss des FDGB. Von Oktober 1990 bis 1995 war er als Pressereferent bei der DEKRA angestellt. Später arbeitete Feldmann einige Jahre als Sprecher und Redakteur bei Lausitz TV sowie als Sprecher beim Lokalfernsehen Frankfurt (Oder).

Seitdem arbeitete Feldmann freiberuflich als Journalist und Moderator. In Zusammenarbeit mit dem Eulenspiegel-Verlag war er mit Lesungen zu seinem Buch „Das waren die Nachrichten“ unterwegs, las die Stengel-Texte „Wer lernt mir Deutsch“ und „Rettet dem Dativ“, von denen auch Hörbücher erschienen sind. Der Eulenspiegel-Verlag vertraute ihm ebenfalls die Vorstellung des dicken Weihnachtsbuches an. Auch davon erschien eine CD. Er war zudem in einer kleinen Gastrolle als Nachrichtensprecher im Musical „Über sieben Brücken“ zu sehen.

Klaus Feldmann starb am 15. Mai 2023 im Alter von 87 Jahren in seinem Zuhause in Berlin[1] an den Folgen eines Herzinfarkts, den er nach einer Ägypten-Reise erlitten hatte.[3]

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Hugo Salzmann

„Allgemeine Zeitung“, Ausgabe Bad Kreuznach, 04.02.2023

Hugo Salzmann war ein in Bad Kreuznacher Kommunist, der stadtbekannt war. Er war auch beliebt bei Leuten, die ansonsten mit kommunistischen Parteien und deren Mitglieder nichts zu tun haben wollen. In Bad Kreuznach ist sogar eine der neuen Straßen gewidmet worden. Anlässlich seines 120. Geburtstages ist in einer örtlichen Tageszeitung von Bad Kreuznach ein Artikel erschienen. Man kann diesen auch als PDF-Datei runterladen. Da kann man ihn besser lesen, als in der Bild-Datei.

Zeitungsartikel als PDF-Datei:

Todesopfer Cengaver Katranci

Cengaver Katranci
Bild entnommen aus „Chronik der Mauer“; Aufnahmedatum unbekannt (Foto: privat)

Cengaver Katrancı

geboren 1964
ertrunken am 30. Oktober 1972

in der Spree nahe der Oberbaumbrücke
an der Grenze zwischen Westberlin und Berlin/DDR

Karte entnommen aus „Chronik der Mauer“

Es ist schwer für die Hinterbliebenen des damals verunglückten Kindes (Cengaver Katranci), wenn das Thema immer wieder hochgekocht wird. Es wird immer nur auf die DDR geschimpft, doch es muss auch der Westberliner Senat in die Verantwortung genommen werden. Beide Seiten waren vernagelt und sind in ihrer Bürokratie erstickt. So musste ein Kind sterben, da niemand einen Fall einkalkuliert hat, dass Kinder oder auch Erwachsene ins Grenzgewässer fallen könnten. Es muss erwähnt werden, dass jeder Grenzzwischenfall brisant war, sei es in Berlin zu Westberlin oder an der Außengrenze der DDR zur BRD. Jede falsche Handlung hätte den III. Weltkrieg auslösen können. So unternahm man im Zweifelsfall lieber gar nichts. Das konnte fatale Folgen haben, wie man hier an dem Fall mit dem verunglückten Westberliner Kind sieht. Dem Westberliner Senat ist anzukreiden, dass er es unterlassen hatte auf eigenem Gebiet Schutzzäune aufzustellen, um solche Unglücke zu verhindern. Außerdem hätte mit der DDR verhandelt werden müssen, um eine schnelle und unbürokratische Lösung für Notfälle parat zu haben. Später ist dies nachgeholt worden. Nun ja, wenn im wahrsten Sinne des Sprichwortes „das Kind in den Brunnen gefallen ist“.

Einige Punkte meiner Meinung finden sich unabhängig davon, im Dokument der DDR wieder, das ich hier ausgewertet habe.

Petra Reichel

Text von Udo Baron entnommen von „Chronik der Mauer“

Der achtjährige türkische Schüler spielt mit einem Freund etwa 100 Meter vom Grenzübergang Oberbaumbrücke entfernt auf der Böschung der Spree am Kreuzberger Gröbenufer. Die Jungen gehen hinunter ans Ufer, sie stehen auf der schmalen Kaimauer und füttern Schwäne. Plötzlich verliert Cengaver Katrancı das Gleichgewicht und stürzt ins kalte Wasser.

Cengaver Katrancı, geboren 1964, lebt mit seiner aus der Türkei stammenden Mutter und drei Geschwistern im West-Berliner Bezirk Kreuzberg. [1]

Es ist der 30. Oktober 1972, kurz nach 13.00 Uhr. Der achtjährige türkische Schüler spielt mit einem Freund etwa 100 Meter vom Grenzübergang Oberbaumbrücke entfernt auf der Böschung der Spree am Kreuzberger Gröbenufer. Die Jungen gehen hinunter ans Ufer, sie stehen auf der schmalen Kaimauer und füttern Schwäne. Plötzlich verliert Cengaver Katrancı das Gleichgewicht und stürzt ins kalte Wasser. [2] Schreiend rennt sein Freund davon, um Hilfe zu holen; einem Angler in der Nähe versucht er begreiflich zu machen, was geschehen ist. Als der ihn verstanden hat, schickt er den Jungen zum nahen Zollstützpunkt und läuft selbst zur Unglücksstelle. Als er schon begonnen hat, sich zu entkleiden, wird ihm bewusst, dass die Spree hier in ganzer Breite zu Ost-Berlin gehört, und dass er riskiert, bei einem Rettungsversuch von den DDR-Grenzposten erschossen zu werden. Er springt dem ertrinkenden Kind nicht hinterher.
 
Inzwischen haben West-Berliner Zollbeamte Polizei und Feuerwehr alarmiert und sind am Spreeufer angelangt. Auf dem Fluss fährt ein Tankschiff, begleitet von einem DDR-Feuerlöschboot. Die Zöllner rufen und gestikulieren, um die Besatzung des Löschbootes zum Beidrehen und zur Rettung des Kindes zu bewegen. Das Feuerwehrboot stoppt nur kurz und setzt dann seinen Weg fort.

Gegen 13.30 Uhr trifft ein Funkwagen der West-Berliner Polizei ein. Die Besatzung verhandelt mit einem Offizier der Grenztruppen auf der Oberbaumbrücke über die Bergung des Ertrunkenen. Wenig später trifft die Feuerwehr am Gröbenufer ein, und zwei Taucher machen sich bereit. Sie stehen auf der Kaimauer und warten auf die Erlaubnis, in das Grenzgewässer zu springen. Vergeblich.

Ein Boot der Ost-Berliner Wasserschutzpolizei hält auf Höhe des Unfallortes in der Flussmitte. Um sich dem Westufer weiter zu nähern brauchen die Wasserschutzpolizisten eine Sondergenehmigung der Grenzwache. Vom westlichen Ufer her werden sie angerufen, herangewinkt, nähern sich auch zögernd ein Stück, drehen wieder ab und werden sofort von einem Schnellboot der Grenztruppen eingeholt. Sie haben sich in die für sie verbotene Sperrzone über die Flussmitte hinausbegeben.

Am Gröbenufer sammeln sich Menschen, einige hundert sind es nach Schätzung der Polizei. Sie werden Zeugen einer beschämenden Hilflosigkeit. Fast eineinhalb Stunden hat die West-Berliner Polizei inzwischen am Grenzübergang Oberbaumbrücke mit Angehörigen der Grenztruppen verhandelt. Bis zuletzt darf die West-Berliner Feuerwehr, die mit Tauchern und Hilfsgeräten zur Stelle ist, nicht eingreifen. [3]

 
Gegen 14.30 Uhr trifft ein Ost-Berliner Rettungsboot ein, die Suche beginnt. Nach einer halben Stunde hebt sich ein Taucher mit dem toten Kind in unmittelbarer Ufernähe aus dem Wasser. Die Trage steht bereit, der tote Junge könnte übergeben werden, doch der Taucher schwimmt nicht die zwei Meter zum West-Berliner Ufer, sondern zurück zum Boot der Grenztruppen. Was den Schaulustigen am Gröbenufer schwer vorstellbar gewesen sein dürfte: Jede Bewegung des Tauchers mit dem Jungen zum Westufer hin hätte von den Grenzern als Fluchtversuch gewertet werden können. 
 
Am Abend erhält die Mutter von Cengaver Katrancı mit zwei Verwandten die Erlaubnis, nach Ost-Berlin einzureisen. Dort muss sie ihren Sohn im Gerichtsmedizinischen Institut der Charité identifizieren. Die Leiche wird nach West-Berlin überführt und soll auf den Wunsch der Mutter hin in Ankara bestattet werden.[4]

 
Der Tod des Achtjährigen führt zur Ankündigung des Berliner Senats, mit der DDR ein Abkommen über Hilfeleistungen bei ähnlichen Unglücksfällen in Grenzgewässern zu treffen.[5]

Erst 1975, nach zahllosen Verhandlungsrunden und nachdem drei weitere Kinder in der Spree ertrunken sind, wird eine entsprechende Regelung gefunden.
 
Fußnoten:

[1]Die West-Berliner Polizei gab den Namen des ertrunkenen Kindes zunächst irrtümlich mit „Cengiz Koc“ an, dem Nachnamen des Onkels. Die Korrektur erfolgte zuerst in der Berliner Morgenpost und wurde dann polizeilich bestätigt. Vgl. Berliner Morgenpost, 2.11.1972, sowie: Vermerk der West-Berliner Polizei, 2.11.1972 (Landesarchiv Berlin).

[2]Vgl. Berliner Morgenpost, 31.10.1972; BZ, 31.10.1972.

[3]Vgl. Die Welt , 31.10.1972.

4]Vgl. Berliner Morgenpost, 2.11.1972. – Zum Tod von Cengaver Katranci siehe auch die einfühlsame Recherche von Christoph Cadenbach, Annabel Dillig und Christian Schramm, die mit seinem Bruder gesprochen haben (»Untergegangen«, in: Süddeutsche Zeitung Magazin, 20.9.2019, S. 16–23).

[5]Vgl. Plenarprotokolle des Abgeordnetenhauses von Berlin, 6. Wahlperiode, 37. Sitzung vom 9.11.1972, S. 1294-1295.

 
 
 
 
 

Dokument auch als PDF-Datei vorhanden.

Dokument entnommen aus „Chronik der Mauer“, ausgewertet von Petra Reichel

Auswertung DDR-Dokument Unglücksfall Cengaver Katranci

von Petra Reichel

Am 30.10.1972 gegen 13:30 Uhr wurde den Grenzsicherungskräften der DDR Durch Zuruf von Angehörigen des Westberliner Zolls bekannt, dass vom Westberliner Ufer ein Kind in die Spree gefallen ist. Das Grenzgewässer gehörte in der ganzen Breite zu Berlin DDR.

Von DDR-Seite aus wurden daraufhin alle erforderlichen Maßnahmen zur Bergung des Kindes getroffen.

Die Aufnahme der Suche durch Taucher der Deutschen Volkspolizei erfolgte erst etwa eine Stunde später, um 14:20 Uhr. Erst dann ersuchte ein Offizier der Westberliner Polizei über Megafon um Bestätigung des Einsatzes von eigenen Kräften zur Suche und Bergung. Eine Bestätigung dazu erfolgte nicht. Na ja, dann waren die Westberliner auch nicht früher dran, aber der DDR-Seite wird der späte Beginn der Suche angekreidet. Wenn die Westberliner Polizei früher ersucht hätte ihre eigenen Kräfte zur Suche und Bergung des Kindes einzusetzen und dies dann von DDR-Seite verweigert worden wäre, wäre das „ein anderes Ding“.

Bis zum Beginn der unmittelbaren Bergungshandlungen von DDR-Seite hatten sich am Spreeufer auf Westberliner Gebiet ca. 20 uniformierte Kräfte der Westberliner Polizei, der Feuerwehr und des Zolls mit je einem Funkstreifenwagen, Feuerlöschzug und Krankenwagen eingefunden. Circa 300 bis 400 Zivilpersonen (Schaulustige) hatten sich angesammelt.

Im Ergebnis des Einsatzes wurde um 15:05 Uhr ca. 100 m unterhalb der Oberbaumbrücke durch Taucher der Feuerwehr des PdVP Berlin/DDR ein Kind männlichen Geschlechts, ca. 6 bis 8 Jahre alt, aufgefunden und geborgen. Die Bergungshandlungen wurden von Westberliner Gebiet aus durch mehrere Zivilpersonen (Schaulustige) gefilmt und fotografiert. Man muss bedenken, dass fotografieren und filmen damals aufwändig war und man nicht wusste, ob die Bilder, bzw. die Filme was werden, da diese erst in einem Labor entwickelt werden mussten. Hätte es die Technik von heute gegeben (Handys), wäre noch mehr gefilmt und fotografiert worden.

Das Kind wurde nach der Bergung umgehend ins Krankenhaus überführt, wo durch den diensthabenden Arzt der Tod festgestellt wurde.

Am 30.10.1972, gegen 21:15 Uhr, meldete sich die in Westberlin wohnhafte türkische Staatsbürgerin (Name geschwärzt) in Begleitung von zwei weiteren mit ihr verwandten türkischen Staatsbürgern bei der Deutschen Volkspolizei. Die Kindesleiche wurde von ihnen als der Sohn der (Name geschwärzt) 

KATINANA, Cengaver

Geb. 1964

wohnhaft: Berlin(West) 61

(Straße geschwärzt)

Staatsangehörigkeit: Türkei

identifiziert.

Angaben der (Name geschwärzt), zufolge hatte das Kind in Begleitung eines weiteren 12jährigen Kindes vom Spreeufer aus Schwände gefüttert und war dabei in die Spree gefallen.

Die Kindesmutter bedankte sich für die erwiesene Unterstützung durch die Organe der DDR und bat um Überführung der Leiche nach Westberlin.

In Beantwortung eines Fernschreibens (Die Jüngeren werden ein Fernschreiben nicht mehr kennen. Durch das nachfolgende FAX und dann durch das Internet hat diese Technik ausgedient.) des Präsidiums der Deutschen Volkspolizei Berlin/DDR an den Senator für Inneres in Westberlin, worin er über die Bergung einer unbekannten Kindesleiche aus der Spree informiert wurde, teilte dieser am 31.10.1972, 13:10 Uhr, die Bestätigung des Sachverhaltes sowie die Personalien der Kindesleiche mit und erbat die Freigabe der Leiche.

Am 0.3.11.1972, um 10:00 Uhr, wurde die Kindesleiche durch das Staatliche Bestattungswesen der Hauptstadt der DDR an das Westberliner Bestattungsinstitut (Name geschwärzt) übergeben und von diesem nach Westberlin übergeführt.

Im Ergebnis der Untersuchung von DDR-Seite dieses Vorkommnisses ist festzustellen, dass der tragische Unglücksfall u.a. dadurch begünstigt wurde, dass sich an der zum Westberliner Territorium gehörenden Ufermauer keine ausreichenden Schutzeinrichtungen (Schutzzaun, Maueraufbau u.ä.) befinden (befanden) sowie seitens der Westberliner Polizei keine Maßnahmen gegen fahrlässiges und leichtsinniges Verhalten von Personen an der Ufermauer unternommen werden (wurden).

Während der Bergungshandlungen war z.B. zu beobachten, dass durch den Andrang und die Bewegung Hunderter von Zivilpersonen (Schaulustige) am Westberliner Gröbenufer unmittelbare Gefahr für weitere Unglücksfälle entstand. Durch die anwesenden Westberliner Polizei- und Zollkräfte wurden keinerlei Sicherheitsvorkehrungen zur Abwendung weiterer Vorfälle getroffen.

In diesem Zusammenhang ist weiter festzustellen, dass in dem betreffenden Grenzabschnitt seit längerer Zeit provokatorische Handlungen gegen die Staatsgrenze und die Sicherungskräfte der DDR von Westberliner Territorium aus unternommen werden (wurden).

Sie erfolgten im Zeitraum von Januar bis Oktober 1972 vom Westberliner Gröbenufer aus 13 gegen die Staatsgrenze und die Grenzsicherungskräfte der DDR gerichtete Handlungen, davon

  • 3 Fälle des Beschießens der Grenzsicherungskräfte aus einer Pistole bzw. mittels KK-Waffen (25.03.1972, 18:30 Uhr, durch eine männliche Person, ca. 30 Jahre alt, mittels Pistole; 07.08.1972, 22:50 Uhr, durch unbekannte Personen aus KK-Waffe; 24.081972, 18:30 Uhr, durch eine männliche Person mittels KK-Gewehr);
  • 6 Fälle provokatorischer Grenzverletzungen durch Betreten der Eisdecke der zugefrorenen Spree bzw. durch Schwimmen während der Sommermonate;
  • 3 Fälle des Beschimpfens der eingesetzten Grenzsicherungskräfte der NVA;
  • 1 Fall des Bewerfens eines Grenzsicherungsbootes mit Steinen (26.10.1972, 18:30 Uhr, durch 8 Jugendliche).

Darüber hinaus hat (hatte) sich bereits seit Jahren gewohnheitsmäßig der Zustand entwickelt, dass vom Westberliner Gröbenufer aus täglich mehrere Personen in der Spree (und damit auf dem Territorium der DDR) angeln, ohne dass seitens der zuständigen Westberliner Stellen Maßnahmen zur Unterbindung derartiger Praktiken eingeleitet werden (wurden). Hier muss man die Frage stellen, ob von der zuständigen Westberliner Behörde Angelscheine ausgestellt wurden oder illegales angeln geduldet wurde. Auf jeden Fall unterließen es die zuständigen Westberliner Behörden Maßnahmen zur Unterbindung derartiger Praktiken einzuleiten.

Es wurde von DDR-Seite eingeschätzt, dass es nur der Umsicht und Besonnenheit der eingesetzten Grenzsicherungskräfte zu verdanken ist, dass weitere Auswirkungen der provokatorischen Handlungen verhindert werden konnten.

Es wurde empfohlen, die angeführten begünstigenden Bedingungen für derartige Vorkommnisse und Grenzzwischenfälle in geeigneter Form an die Westberliner Seite heranzutragen mit dem Ziel, dass ihrerseits die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit im Abschnitt Gröbenufer getroffen werden.

Dokument entnommen aus „Chronik der Mauer“, ausgewertet von Petra Reichel

Text des DDR-Dokumentes

Cengaver Katrancı: MfS-Information über die Bergung der Leiche

13. November 1972

über 

die Bergung einer Kindesleiche aus der Spree im Grenzabschnitt Oberbaumbrücke der Hauptstadt am 30. 10. 1972 und das Ergebnis der Untersuchung dieses Vorkommnisses 

Am 30. 10. 1972, gegen 13.30 Uhr, wurde den im Grenzabschnitt Oberbaumbrücke – Gröbenufer eingesetzten Grenzsicherungskräften der NVA durch Zuruf von Angehörigen des Westberliner Zolls bekannt, daß vom Westberliner Ufer ein Kind in die in der ganzen Breite zum Territorium der DDR gehörende Spree gefallen sei. 

Es wurden daraufhin unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zur Bergung des Kindes getroffen. 

Bis zum Beginn der unmittelbaren Bergungshandlungen hatten sich am Spreeufer auf Westberliner Gebiet ca. 20 uniformierte Kräfte der Westberliner Polizei, der Feuerwehr und des Zolls mit je einem Funkstreifenwagen, Feuerlöschzug und Sankra eingefunden sowie ca. 300 bis 400 Zivilpersonen angesammelt.

Gegen 14.20 Uhr, unmittelbar vor der Aufnahme der Suche durch Taucher der Deutschen Volkspolizei, ersuchte ein Offizier der Westberliner Polizei über Megaphon um Bestätigung des Einsatzes von eigenen Kräften zur Suche und Bergung. Eine Bestätigung dazu erfolgte nicht. 

Im Ergebnis des Einsatzes wurde um 15.05 Uhr ca. 100 m unterhalb der Oberbaumbrücke durch Taucher der Feuerwehr des PdVP Berlin ein Kind männlichen Geschlechts, ca. 6 bis 8 Jahre alt, aufgefunden und geborgen. Die Bergungshandlungen wurden von Westberliner Gebiet durch mehrere Zivilpersonen gefilmt und fotografiert. 

Das Kind wurde umgehend ins Krankenhaus überführt, wo durch den diensthabenden Arzt der Tod festgestellt wurde.

Am 30. 10. 1972, gegen 21.15 Uhr, meldete, sich die in Westberlin wohnhafte türkische Staatsbürgerin (…) in Begleitung von zwei weiteren mit ihr verwandten türkischen Staatsbürgern bei der Deutschen Volkspolizei. Die Kindesleiche wurde von ihnen als der Sohn der (…)

KATINANA, Cengaver
geb. 1964
wohnhaft: Berlin (West) 61, 
(…)
Staatsangehörigk: Türkei,

identifiziert. 

Angaben der (…) zufolge hatte das Kind in Begleitung eines weiteren 12jährigen Kindes vom Spreeufer aus Schwäne gefüttert und war dabei in die Spree gefallen. 

Die Kindesmutter bedankte sich für die erwiesene Unterstützung durch die Organe der DDR und bat um Oberführung der Leiche nach Westberlin. 

In Beantwortung eines Fernschreibens des Präsidiums der Deutschen Volkspolizei Berlin, an den Senator für Inneres in Westberlin, worin er über die Bergung einer unbekannten Kindesleiche aus der Spree informiert wurde, teilte dieser am 31. 10. 1972, 13.10 Uhr, die Bestätigung des Sachverhaltes sowie der Personalien der Kindesleiche mit und erbat die Freigabe der Leiche. 

Am 3. 11. 1972, um 10.00 Uhr, wurde die Kindesleiche durch das Staatliche Bestattungswesen der Hauptstadt an das Westberliner Bestattungsinstitut G(…) übergeben und von diesem nach Westberlin übergeführt. Im Ergebnis der Untersuchung dieses Vorkommnisses ist festzustellen, daß der tragische Unglücksfall u. a. dadurch begünstigt wurde, daß

sich an der zum Westberliner Territorium gehörenden Ufermauer keine ausreichenden Schutzeinrichtungen (Schutzzaun, Maueraufbau o. ä.) befinden

sowie

seitens der Westberliner Polizei keine Maßnahmen gegen fahrlässiges und leichtsinniges Verhalten von Personen an der Ufermauer unternommen werden.

Während der Bergungshandlungen war z. B. zu beobachten, daß durch den Andrang und die Bewegung Hunderter Zivilpersonen am Westberliner Gröbenufer unmittelbare Gefahr für weitere Unglücksfälle entstand. Durch die anwesenden Westberliner Polizei- und Zollkräfte wurden keinerlei Sicherheitsvorkehrungen zur Abwendung weiterer Vorfälle getroffen.

In diesem Zusammenhang ist weiter festzustellen, daß in dem betreffenden Grenzabschnitt seit längerer Zeit provokatorische Handlungen gegen die Staatsgrenze und die Sicherungskräfte der DDR von Westberliner Territorium aus unternommen werden.

 

 

So erfolgten im Zeitraum von Januar bis Oktober 1972 vom Westberliner Gröbenufer aus 13 gegen die Staatsgrenze und die Grenzsicherungskräfte der DDR gerichtete Handlungen, davon

3 Fälle des Beschießens der Grenzsicherungskräfte aus einer Pistole bzw. mittels KK-Waffen (25.3.72, 18.30 Uhr, durch eine männliche Person, ca. 30 Jahre alt, mittels Pistole; 7.8.72, 22.50 Uhr, durch unerkannte Personen aus KK-Waffe; 24.8.72, 18.30 Uhr, durch eine männliche Person mittels KK-Gewehr); 

6 Fälle provokatorischer Grenzverletzungen durch Betreten der Eisdecke der zugefrorenen Spree bzw. durch Schwimmen während der Sommermonate; 

3 Fälle des Beschimpfens der eingesetzten Grenzsicherungskräfte der NVA; 

1 Fall des Bewerfens eines Grenzsicherungsbootes mit Steinen (26.10.72, 18.30 Uhr, durch 8 Jugendliche).

Darüber hinaus hat sich bereits seit Jahren gewohnheitsmäßig der Zustand entwickelt, daß vom Westberliner Gröbenufer aus täglich mehrere Personen in der Spree (und damit auf dem Territorium der DDR) angeln, ohne daß seitens der zuständigen Westberliner Stellen Maßnahmen zur Unterbindung derartiger Praktiken eingeleitet werden.

Es kann eingeschätzt werden, daß nur der Umsicht und Besonnenheit der eingesetzten Grenzsicherungskräfte zu verdanken ist, daß weitere Auswirkungen der provokatorischen Handlungen verhindert werden konnten.

Es wird empfohlen, die angeführten begünstigenden Bedingungen für derartige Vorkommnisse und Grenzzwischenfälle in geeigneter Form an die Westberliner Seite heranzutragen mit dem Ziel, daß ihrerseits die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit im Abschnitt Gröbenufer getroffen werden.

 

 
Quelle: BStU, MfS, ZA1G Nr. 2081, Bl. 1-4
 

Entnommen aus „Chronik der Mauer“

 
 
Beitrag zusammengestellt von Petra Reichel

Ausschreitungen von Jugendlichen am Berliner Alexanderplatz

Nun ja, hier werden Rabauken als Widerstandskämpfer dargestellt. Der Sieger schreibt Geschichte. Doch es bleibt jeder und jedem selbst überlassen das Dokument auszuwerten.

entnommen vom Bundesarchiv

10. Oktober 1977
Information Nr. 623/77 über rowdyhafte Ausschreitungen von Jugendlichen und Jungerwachsenen in den Abendstunden des 7.10.1977 in der Hauptstadt der DDR

Hier das Ganze nochmal als Text:

Am 7.10.1977, in der Zeit von 19.00 bis 23.30 Uhr, kam es im Stadtzentrum der Hauptstadt im Bereich des Fernseh- und UKW-Turmes sowie des Alexanderplatzes zu rowdyhaften Ausschreitungen durch Jugendliche und Jungerwachsene.

Im Ergebnis des Einsatzes von Kräften der Schutzpolizei und VP-Bereitschaften im Zusammenwirken mit Diensteinheiten der Bezirksverwaltung Berlin des MfS erfolgte die Zuführung von insgesamt 313 Personen.

Eingeleitet wurden gegen 87 Personen Ermittlungsverfahren mit Haft, 12 Personen Ermittlungsverfahren ohne Haft mit dem Ziel des Erlassens eines auf Geldstrafe gerichteten Strafbefehls, 48 Personen Ordnungsstrafverfahren mit dem Ausspruch von Strafverfügungen zwischen 100 und 500 Mark, 17 Personen Ordnungsstrafverfahren mit dem Ausspruch von gemeinnütziger Arbeit bis zu sechs Tagen. Weitere 149 Personen wurden nach kriminalistischer Registrierung und eingehender Verwarnung im Verlaufe des 8.10.1977 entlassen.

Den rowdyhaften Ausschreitungen ging voraus, dass neun Jugendliche in einen Luftschacht an der Südseite des Fernsehturms stürzten. Die Jugendlichen hatten einen 2 m hohen, durch Gitterrost abgedeckten Lüftungsschacht am Fernsehturm bestiegen, um den Veranstaltungen besser folgen zu können. Die Abdeckung brach bei dem rhythmischen Schwingen durch diese Personengruppe ein. Zur Hilfeleistung kamen Kräfte der Volkspolizei und der Feuerwehr zum Einsatz. (Drei schwerverletzten und sechs leichtverletzten Jugendlichen wurde unter Einsatz von Schnellhilfewagen des DRK unverzüglich Hilfe geleistet.)

Dem größten Teil der anwesenden Jugendlichen waren die Gründe für die Maßnahmen der Volkspolizei nicht bekannt bzw. sie setzen sich über die seitens der Volkspolizei mittels Lautsprecherwagen gegebenen Mitteilungen hinweg und nahmen das Erscheinen der Einsatzkräfte zum Anlass, um zu rowdyhaften Aktivitäten überzugehen.

Zunächst rottete sich aus der Situation heraus eine größere Anzahl Jugendlicher auf der Balustrade der Fernsehturmumbauung zusammen und versuchten, durch das lautstarke Absingen von den 1. FC Union Berlin verherrlichenden Gesängen sowie durch den BFC Dynamo diskriminierenden Texten, die Angehörigen der Volkspolizei zu verunsichern.

Gleichzeitig kam es zu herabwürdigenden Beschimpfungen der eingesetzten Kräfte der Volkspolizei mit Ausdrücken wie »Bullen«, »Schweine«, »Schlag die Bullen«, »Nieder mit dem Polizeistaat«. Aus dieser Situation heraus wurden durch einzelne Täter Ausrufe mit negativ-feindlichem Inhalt getätigt, denen sich teilweise weitere Jugendliche anschlossen. Derartige, vereinzelt gerufene Losungen hatten folgenden Inhalt: »Nieder mit der DDR«, »Honecker raus – Biermann rein«,1 »Nieder mit der Mauer«.

Nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen handelte es sich bei den Initiatoren um unter Einfluss der ideologischen Diversion stehende Personen, die – wie auch bereits bei anderen Anlässen – es bewusst auf Provokationen und eine Konfrontation, eine sogenannte Kraftprobe mit den gesellschaftlichen Kräften und den eingesetzten Angehörigen der Schutz- und Sicherheitsorgane, anlegten.

Im Interesse der Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit mussten weitere Kräfte der Volkspolizei eingesetzt werden. Im Zusammenhang mit der Zurückdrängung der rowdyhaften Kräfte und der Zuführung von Tätern wurde den Maßnahmen der Sicherheitsorgane durch Nichtbefolgen der gegebenen Weisungen, durch Aufforderung zum Widerstand entgegenzuwirken versucht. Das Einschreiten der Sicherheitsorgane wurde dabei von Rowdys zum Anlass genommen, um auf Angehörige der Volkspolizei gezielt mit Steinen und anderen Gegenständen zu werfen und Angehörige der Volkspolizei tätlich anzugreifen.

Bei der Bekämpfung der Ausschreitungen wurden insgesamt 66 Angehörige der Volkspolizei (5 Offiziere sowie 61 Wachtmeister und Unterführer) verletzt (Platzwunden, Prellungen, Hämatome sowie Schnittwunden). Darüber hinaus wurde durch die Zertrümmerung von Fensterscheiben und andere Sachbeschädigungen ein Schaden von ca. 50 000 Mark verursacht.

Im Ergebnis der bisherigen Untersuchungen zur Täterpersönlichkeit wird ausgewiesen, dass die Gewalttätigkeiten überwiegend von Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren begangen wurden, wobei sie sich in der Anonymität der Masse und im gemeinsamen Handeln mit Gleichgesinnten in ihrer Aggressivität bestärkt fühlten und sich gegenseitig aufputschten.

Die bisherigen Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die rowdyhaften Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten nicht gezielt vorbereitet, organisiert und gelenkt waren, dass aber die Situation, wie in der Information bereits dargestellt, von einzelnen Personen bewusst ausgenutzt wurde.

Die Zuführungen betrafen fast ausschließlich Jugendliche im Alter von 16 bis 21 Jahren, davon gehörten 218 dem sozialistischen Jugendverband an.2

Im Zusammenhang mit den vorgenommenen Entlassungen werden neben der Übergabe an die Eltern bzw. deren Unterrichtung die staatlichen und gesellschaftlichen Leitungen der entsprechenden Arbeitsstellen und Schulen informiert, um unter Kontrolle der territorial zuständigen Diensteinheiten des Ministeriums für Staatssicherheit und der Volkspolizei wirksame vorbeugende Maßnahmen durchzusetzen.

Die weiteren Untersuchungen konzentrierten sich auf die weitere Personifizierung von Rädelsführern und anderen Mittätern der Ausschreitungen am 7.10.1977.

 

  1. Die Losung spielt auf die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann an: Drei Tage nach einem Konzert des Liedermachers Wolf Biermann in der Kölner Sporthalle am 13.11.1976, in dem dieser auch Kritik an den Zuständen in derDDR geübt hatte, beschloss das Politbüro, Biermann wegen »grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten« die Staatsbürgerschaft der DDR Auf Initiative von Stephan Hermlin wandten sich daraufhin am 17.11.1976 zwölf Schriftsteller sowie der Bildhauer Fritz Cremer mit einer Protesterklärung an die Öffentlichkeit, in der sie darum baten, die »Maßnahmen zu überdenken«. Der Erklärung schlossen sich in den folgenden Tagen weitere Künstler und Intellektuelle an. Wortlaut der Erklärung und Liste der Unterzeichner in: Berbig, Roland u. a. (Hg.): In Sachen Biermann. Protokolle, Berichte und Briefe zu den Folgen einer Ausbürgerung. Berlin 1994, S. 70 f. Vgl. zur Ausbürgerung Biermanns und ihren Folgen Roos, Peter (Hg.): Exil. Die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR. Eine Dokumentation. Köln 1977; Mittenzwei, Werner: Die Intellektuellen. Literatur und Politik in Ostdeutschland von 1945 bis 2000. ihre Folgen. Erfurt 2006. Siehe auch die Informationen 791/76, 798/76, 809/76, 811/76, 815/76, 817/76, 828/76, 829/76 u. 837/76 sowie die Berichte O/33 v. 19.11.1976 u. O/35 v. 28.11.1976.
  2. Gemeint ist die FDJ.

Erläuterungen vom Bundesarchiv.

Hier nochmal das Dokument zum Download. Leider ist kein Original-Dokument aus der DDR vorhanden.

Nicolae Causescu auf Staatsbesuch in Großbritannien (1978)

Die lange Amtszeit von Queen Elisabeth II. erstreckte sich über mehrere Epochen der Geschichte.

Im Zusammenhang mit den Trauerbekundungen und -feierlichkeiten wird sich ungerne an das Ereignis erinnert, als Nicolae Causescu im Jahre 1978 auf Staatsbesuch in Großbritannien war.

Causescu besuchte die Queen, nebst Familie und den damaligen Premierminister Callahan.

Der hier vorgestellte Film aus Großbritannien berichtet sehr positiv über den Besuch. Daran wird bei den Rückblicken im Zusammenhang mit dem Tod von Queen Elisabeth II. nicht erinnert.

1978 wurde Causescu bei seinem Staatsbesuch in Großbritannien im Jahre 1978 der „Ritter Großkreuz des Bath-Ordens“ verliehen, die höchste Auszeichnung des britischen Königshauses für Ausländer. Der Orden wurde kurz vor seiner Ermordung im Dezember 1989 aberkannt, doch blieb dieser in Rumänien. Nach Aberkennung oder Tod muss die Ordenskette zurückgegeben werden. Das britische Außenministerium forderte die Rücksendung an, doch die Antwort blieb aus. Britische Diplomaten hofften jedoch die Kette auf inoffiziellem Weg zurückzuerhalten. (Bukarester Schwarzmarkt -gegen Devisen/ Stand 1994) Siehe DER SPIEGEL/7/1994.

Für Causescu hat es niemals eine Trauerfeier gegeben. Er wurde vor ein Femegericht gezerrt und ermordet. Daran erinnert man sich nach den vielen Jahren immer noch ungern.

Was Causescu und seiner Frau vorzuwerfen wäre, hätte im Nachfolgestaat vor einem ordentlichen Gericht geklärt werden müssen. Selbst wenn er und seine Frau Straftaten begangen hätten, dann wären sie niemals die Todesstrafe wert gewesen.

Queen Elisabeth II. gestorben

Bild: Netzfund

Queen Elisabeth II. ist am 08.09.2022 gestorben. Sie war durch ihre lange Regierungszeit für viele Menschen auf der Welt prägend. Auch für jene, die eine Monarchie als rückschrittlich sehen. Sie repräsentierte nicht nur Großbritannien und Nordirland, sondern auch eine Reihe anderer Länder der Welt. Weiteres siehe Wikipedia.

Queen Elisabeth II. hatte auch das Fernsehzeitalter auch in Westdeutschland mitgeprägt. Das erste im Fernsehen Großbritanniens, Frankreichs und der BRD, übertragene Großereignis war die Krönung von Queen Elisabeth im Jahre 1953. Dies war ein Anlass für viele Menschen sich ein Fernsehgerät anzuschaffen. Der Weg des Fernsehens zum Massenmedium war nicht mehr aufzuhalten. Siehe Wikipedia.

Mit ihr geht nun auch ein Stück Geschichte, egal aus welcher Sichtweise man es wahrnehmen mag.